© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/13 / 13. Dezember 2013

Axel Springer auf Einkaufstour
Übernahme: Der Zeitungskonzern kauft den Sender N24 und Stefan Aust gleich mit
Ronald Berthold

Ganz auf Inhalt möchte der Axel-Springer-Konzern doch nicht verzichten. Nachdem sich der Verlag von mehreren Zeitungen und Zeitschriften wie Hörzu und Hamburger Abendblatt getrennt und den Schwerpunkt auf unjournalistische Online-Plattformen gelegt hat, wertet er die verbleibenden Titel qualitativ auf. Dazu bedient er sich beim Spiegel und nimmt deren nonkonformistische Köpfe unter Vertrag. Nachdem der islamkritische Liebhaber der politischen Inkorrektheit, Henryk M. Broder, schon 2011 vom Hamburger Nachrichtenmagazin zur Welt gegangen ist und dort seine Polemiken veröffentlicht, folgt nun ein weiteres Trio.

Stefan Aust, der frühere Spiegel-Chefredakteur, wird Herausgeber der Welt. Aust hat bei der Zeitschrift jene Epoche von 1994 bis 2008 zu verantworten, in der das Blatt für breite Leserschichten lesbar und überraschend war. Der heute 67jährige holte es heraus aus einer ideologisch festgelegten Ecke, strich die überhebliche Häme aus den Texten und legte den wirtschaftsfeindlichen Kurs ab.

Aust, Broder, Mascolo und Matussek zu Axel Springer

Austs Nachfolger Georg Mascolo geht ebenfalls zu Springer. Zuletzt sorgte er mit seinem Coup für Aufsehen, als er gemeinsam mit Hans-Christian Ströbele Edward Snowden in Moskau besuchte. Es war ein Scoop, an dem auch der Spiegel gearbeitet hatte. Erfolglos. Als Chefredakteur konnte Mascolo zwar nicht an Austs Leistung anknüpfen, denn er ist eher Reporter als Vorgesetzter. Mit der Leitung einer in weiten Teilen links-arroganten Redaktion galt er als überfordert. Nun soll Georg Mascolo für den Berliner Verlag ein neues digitales politisches Format entwickeln.

In diesem Zusammenhang ist der Erwerb von N24 von entscheidender Bedeutung. Die gesamte Springer-Gruppe wird auf die Produkte des 300-Mann-Betriebes zurückgreifen. Die Zeitungen und Zeitschriften des Springer-Imperiums sollen ihre Onlineauftritte ausbauen, weil mit gedruckten Zeitungen immer weniger verdient wird. Dazu benötigen die Redaktionen auch immer mehr bewegte Bilder, die der Nachrichtensender liefern wird. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Einer der Verhandlungspunkte dürfte die neue Rolle Austs gewesen sein, der zu den Eigentümern von N24 gehört und demnächst mit Thomas Schmid gemeinsam die Welt herausgeben wird.

Das Ex-Spiegel-Quartett bei Axel Springer komplettiert der Kulturjournalist Matthias Matussek. Der 59jährige Bestsellerautor soll ab dem kommenden Jahr Texte für die Welt-Gruppe schreiben. Der Springer-Verlag entwickelt sich somit zum Sammelbecken hervorragender Journalisten des Spiegel. Dies hätte vor einigen Jahren noch deswegen überrascht, weil das Magazin und Springer als unversöhnliche Antipoden galten. Heute erstaunt es, weil es nicht wirklich zur gewinnträchtigen, aber inhaltsarmen Strategie des Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner paßt.

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