© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/13 / 13. Dezember 2013

Gender-Lobbyisten erleiden Schiffbruch
Sexualisierung von Kindern: EU-Parlament lehnt mit knapper Mehrheit den umstrittenen Estrela-Bericht ab / Erfolg für Familienverbände und Abtreibungsgegner
Jürgen Liminski

Mit einer denkbar knappen Mehrheit von 334 zu 327 Stimmen stimmte das Europaparlament gegen den sogenannten Estrela-Bericht und votierte am Dienstag stattdessen mehrheitlich für einen Alternativvorschlag.

Der Estrela-Bericht, benannt nach einer portugiesischen Abgeordneten der Sozialistischen Partei, Edite Estrela, forderte unter anderem ein Recht auf Abtreibung und für ganz Europa gültige Standards in „gender identities“ sowie in der Sexualerziehung, die auch Masturbation bei Kleinstkindern vorsieht. Vor diesem Hintergrund kam es zu einem heftigen polemischen Schlagabtausch im Parlament, in dem Estrela die Schuld an der Niederlage einem „obskuren, fundamentalistischen Grüppchen“ zuwies.

Tatsache ist, daß mehr als hunderttausend E-Mails bei den Abgeordneten gegen diesen Bericht eingingen. Es war das Volk, das sich somit gegen die Abtreibungslobby zur Wehr setzte und die Abgeordneten dazu brachte, den Alternativvorschlag aus der Fraktion der konservativ-liberalen Europäischen Volkspartei (EVP) anzunehmen, der kurz und knapp besagt, daß Fragen der Familien-und Gesellschaftspolitik Sache der Nationalstaaten sind und daß die EU-Mitgliedsstaaten sich mit den Themen des Berichts befassen sollten. Insidern zufolge sollte der Bericht vor allem der Uno dazu dienen, Abtreibung als Mittel der Bevölkerungskontrolle zu legitimieren und bei der Hilfe für Entwicklungsländer zu fordern.

Bereits im Oktober war der Bericht in einer tumultartigen Sitzung von der Vollversammlung zur Beratung und Korrektur in den Ausschuß zurückgeschickt worden. Doch dieser nahm nur geringfüge Änderungen vor, inhaltliche Korrekturen wurden strikt abgelehnt, so daß begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens aufkamen und der juristische Dienst des Parlaments sogar auf einen offenen Bruch mit den Vorschriften des parlamentarischen Verfahrens hinwies.

Die linke Mehrheit im Ausschuß ging darüber hinweg und lehnte auch den Vorschlag der CSU-Abgeordneten Angelika Niebler ab, zunächst den Dienst für Verfahrensfragen des Parlaments oder auch den Ausschuß für verfassungs- und verfahrensrechtliche Angelegenheiten zu befragen.

Erfolgreiche Mobilisierung via Facebook

Offenbar wollte die linke Mehrheit den ideologisch hochbrisanten Bericht noch in diesem Jahr durch das Parlament peitschen, um damit nicht in den Wahlkampf zum Europäischen Parlament zu geraten, der zu Beginn des kommenden Jahres einsetzen dürfte.

Das ist gründlich gescheitert. Erschreckt von den Inhalten des Berichts haben Lebensschutzgruppen eine eigene Facebook-Seite (Estrela no – respect subsidiarity) eingerichtet, die in weniger als drei Tagen Tausende von Likes sammelte und im Netz eine breite Diskussion über den Bericht in Gang gesetzt hat. Vor dem Parlament demonstrierten zweihundert Familien.

Der Bericht ist durch und durch auf die Zerstörung einer ganzheitlichen menschlichen Natur beziehungsweise auf die Verabsolutierung der Sexualität ausgerichtet. Er stützt sich auf Vorlagen einschlägig bekannter Abtreibungsorganisationen (International Planned Parenthood Federation und Marie Stopes International), die meist mit EU-Geldern üppig finanziert werden und deshalb mit dieser Initiative die erfolgreiche Anti-Abtreibungs-Petititon „One of us“ neutralisieren, die von fast zwei Millionen EU-Bürgern in einem guten Dutzend Ländern unterschrieben worden war. Auch andere Lobbygruppen aus der Schwulen- und Lesbenszene wirkten an dem Estrela-Bericht mit. Mit von der Partie sind auch die deutsche Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Ein entsprechendes 67seitiges Dokument unter dem Titel „Standards für die Sexualaufklärung in Europa“ wird zur Zeit vom Regionalbüro der WHO für Europa und der Bundeszentrale bei den Gesundheits- und Erziehungsministerien von 53 europäischen Ländern verbreitet. Es handelt sich um künftige europaweite Richtlinien zur Einführung einer Sexualaufklärung ohne jedes Schamempfinden oder Sinn für Intimität an Kindergärten und Grundschulen. Die empfohlenen Maßnahmen sollen bei Kindern und Jugendlichen eine Haltung zur Sexualität entwickeln, indem eine Entdeckung der Sexualität in all ihren Aspekten, auch der gleichgeschlechtlichen, gefördert wird. Risiken und Potenziale der Sexualität sollen Kindern und Jugendlichen schon ab der Geburt nahegebracht werden.

In dem Dokument werden Altersgruppen definiert je nach Phasen der Kindesentwicklung. Jeder Phase werden Ziele und Themenbereiche zugeordnet, die dem Erziehungspersonal als Aufgaben-Raster dienen sollen, um die Kinder zu „angemessenen Haltungen“ bei „Sexualität, Gesundheit und Wohlbefinden“, „Emotionen“, „Beziehung und Lebensstile“, „soziale und kulturelle Determinanten der Sexualität“ zu erziehen.

In der Altersgruppe bis vier Jahren wird im Bereich „Wissen“ unter dem Thema „Sexualität“ die „frühkindliche Masturbation“ empfohlen. Das Kind soll „die eigenen Wünsche und Bedürfnisse und Grenzen ausdrücken“ können, so beim „Doktorspiel“. Zum Unterrichtsstoff gehört auch, daß „Schwangerschaften auch bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen“ möglich sind, ebenso wie ein „Recht auf Schwangerschaftsabbruch“.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen