© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/13 / 13. Dezember 2013

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Karriere statt Haltung
Paul Rosen

Wenigstens auf die Jusos ist noch Verlaß. Sie haben die Koalitionsvereinbarung ihrer Mutterpartei SPD mit der CDU/CSU rundweg abgelehnt, obwohl sie eigentlich hätten zufrieden sein müssen. Ein Griff zum früheren Springer-Kampfblatt Die Welt (heute Austragshäusl für ehemalige Spiegel-Chefs) hätte gereicht, um selbst den Jusos die Zustimmung abzunötigen: Die Unionsparteien, so schrieb in der Welt der Chefredakteur der Basler-Zeitung, Markus Somm, „haben mit dem Verlierer SPD keinen Koalitionsvertrag unterzeichnet, sondern sind der SPD beigetreten“. Standhaft blieben die Jusos trotzdem, weil sie lieber Rot-Rot-Grün machen wollen, wie man es aus den Studentenparlamenten schon kennt.

Auch in der CDU roch es nach Opposition und Spaltung. Über 50 Abgeordnete aus Bund und Ländern wurden am Wochenende in einer Initiative „CDU 2017“ ausgemacht. Sie wollten Werte wie Familie und Heimat stärker in der CDU-Programmatik haben. Der Bedarf besteht, denn in der Koalitionsvereinbarung kommen Begriffe wie Ehe, Volk oder Nation entweder gar nicht oder nur ein einziges mal vor. So heißt es in der Erklärung der Abgeordneten, daß „jungen Menschen Werte wie Familie, Zusammenhalt und Heimat immer wichtiger werden. Der Zeitgeist ist konservativ.“ Die CDU ist es allerdings nicht, was die Kritiker mit der Verwendung des Begriffs „wertefundierte Haltung“ auch zugeben.

Unzufrieden sind die jungen Abgeordneten vor allem mit den milliardenschweren Rentengeschenken, die jetzt ausgereicht werden sollen und befürchten, daß die Koalitionsvereinbarung „die Erfolge der Rentenpolitik der letzten 15 Jahre gefährden könnte“. Und viel lieber als mit der SPD hätten sie mit der FDP oder gar mit den Grünen koaliert, letzteres aber erst ab 2017. Da werden Erinnerungen an die Pizza-Connection wach, jenen CDU-Club aus Bonner Zeiten, dessen Mitglieder sich erstens trauten eine Pizza zu verzehren und zweitens auch noch einen Grünen dabei am Tisch sitzen zu haben. So was galt bei damals jungen CDUlern wie Ronald Pofalla, Norbert Röttgen und Hermann Gröhe schon als revolutionäre Tat.

Bei dieser schmackhaften Form des Kampfgeistes ist es denn auch geblieben, auch wenn die Pizza-Politiker gerne mal zu den Leuten gehört hätten, vor denen sie ihre Eltern noch gewarnt hatten. Heute sind junge CDU-Abgeordnete nicht anders als die ältere Pizza-Generation. Der Gesundheitspolitiker Jens Spahn etwa wird von TV-Sender zu TV-Sender gereicht und stets wegen seiner sexuellen Orientierung als für CDU-Verhältnisse mutig ausgegeben. Der Widerstand des Vorsitzenden der Jungen Union, Philipp Mißfelder, gipfelte auf dem Kleinen Parteitag am Montag in Berlin in der Aussage, man könne nicht erwarten, „daß wir jetzt mit Jubel zustimmen“.

Aber zugestimmt haben sie dem Koalitionsvertrag dann doch – und zwar alle. Auch der Widerstand des Wirtschaftsflügels reichte nur für zwei Enthaltungen. Womit wieder einmal klar wäre, daß wie schon bei der Pizza-Connection auch der „CDU 2017“ die Karriere wichtiger ist als die Haltung.

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