© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/13 / 06. Dezember 2013

Knapp daneben
Arbeitswütige sind leistungsschwach
Karl Heinzen

Leistungsträger sind, wie schon der Begriff vermuten läßt, die Stützen der Gesellschaft. Sie sind aber nicht unbedingt beliebt. Man neidet ihnen ihren elitären Status. Ihr überdurchschnittliches Einkommen müssen sie gegen die Begehrlichkeiten der Nichtsnutze verteidigen, die den Sozialstaat für sich in Stellung gebracht haben. Wenn sie ausnahmsweise doch einmal versagen, fällt eine hämische Öffentlichkeit genüßlich über sie her.

Dennoch gibt es nicht wenige, die ihnen gerne nacheifern und lieber eine Karriere anstreben, als einfach nur das Leben zu genießen. Sie stehen aber vor der Frage, was einen Leistungsträger überhaupt zu einem solchen werden läßt. Hat ihn die Natur mit besonderen Gaben gesegnet? Stammt er bereits aus gehobenen Verhältnissen, so daß gar nichts schiefgehen konnte?

Wären dies die Erfolgsgeheimnisse, dürften die meisten die Hände in den Schoß legen und sich sagen: Das alles trifft auf mich nicht zu, und daher wird aus mir auch nichts werden.

Da der Glaube, daß jeder es schaffen kann, unausrottbar ist, wird aber lieber einer anderen Erklärung der Vorzug gegeben: Leistungsträger sind fleißiger als die gewöhnlichen Menschen und schuften rund um die Uhr. Wahrscheinlich ist die weitverbreitete Unsitte, freudigen Herzens Überstunden zu schieben, genau darauf zurückzuführen, daß die Arbeitswütigen allen Ernstes glauben, es dadurch zu etwas zu bringen. Wissenschaftliche Untersuchungen entlarven dies jedoch als fatalen Irrtum.

So belegt eine unter Federführung des Finnish Institute of Occupational Health erstellte Studie, daß übermäßige Arbeit zu einem Abbau der Intelligenz und des Sprachvermögens führt. Mit permanenten Überstunden kann sich somit niemand für Höheres empfehlen. Sie offenbaren vielmehr eine schwache Persönlichkeit, die ihre Arbeit nicht vernünftig organisieren kann und das eigene Leistungsvermögen gefährdet. Unternehmen, die unschlüssig sind, wie sie Personalkosten sparen können, finden in den Überstundenkonten die Antwort: Wer sich hier auf den Spitzenpositionen tummelt, scheint seiner Arbeit nicht gewachsen zu sein.

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