© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/13 / 06. Dezember 2013

Bundesverfassungsgericht hat sein Rolle als „Schutzinstanz“ vor EU verloren
Nur noch ein zahnloser Tiger
(wk)

Mit Blick auf den immer weiter fortschreitenden europäischen Integrationsprozeß und die offenkundige Handlungsautonomie von EU-Kommission und Europäischem Gerichtshof wirft der Politologe Benjamin Werner von der Universität Bremen die provokante Frage auf, ob das Bundesverfassungsgericht tatsächlich noch eine reale Chance habe, als deutsche „Schutzinstanz vor bedingungsloser Integration“ zu fungieren (Leviathan, 2/2013). Die Antwort hierauf ist eindeutig: Beide EU-Institutionen „müssen kaum Beschränkungen durch das BVerfG befürchten“. Dies liege vor allem daran, daß die Integrationsvertiefungen in der Regel schleichend, stufenweise und kumulativ erfolgen und somit jeweils unter der Eingreifschwelle liegen, bei deren Überschreitung Karlsruhe aktiv werden könne. Damit sei es gerechtfertigt, das Bundesverfassungsgericht als „zahnlosen Tiger“ zu bezeichnen, wenn es um die Abwehr von Kompetenzüberschreitungen seitens der EU gehe: „Seinen Anspruch, der Integration Grenzen zu setzen, kann das BVerfG (...) nicht im beabsichtigten Umfang einlösen.“ Und deshalb brauche sich auch niemand darüber zu wundern, wenn innerhalb der deutschen Bevölkerung „die lange Zeit vorherrschende stillschweigende Zustimmung zum Integrationsprojekt – der sogenannte ‘permissive Konsens’“ – verlorengehe.

www.leviathan.nomos.de

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