© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/13 / 29. November 2013

JF-Serie über historische Bild-Legenden (Teil IV): Ein US-Senator und der Kommunist
McCarthys schmutzige Tricks
(JF)

Zwei Männer zeigt das Foto, die auf den ersten Blick bereits durch ihre Nähe eine gewisse Vertrautheit miteinander zu signalisieren scheinen. Doch das täuscht. Daß sie einander nicht ansehen, ist kein Wunder. Ihre Fotos wurden für eine Abbildung in einer Wahlkampfbroschüre zusammengeschnitten. Der eine ist der altehrwürdige republikanische Senator von Maryland, Millard Tydings; der andere Earl Browder, der Chef der Kommunistischen Partei der USA. Und da wir uns im Jahr 1952, mitten im Kalten Krieg befinden, ist schon das allein ein öffentlicher Skandal. Doch warum diese Fotocollage?

Senator Tydings war kein dezidierter Liberaler oder Linker. Roosevelts „New Deal“ hatte er bekämpft. Als nach der kommunistischen Machtübernahme Mao Tse-tungs in China Roosevelts Konzept einer neuen Weltordnung unter amerikanischer Führung zusammengebrochen war, machten viele Amerikaner, auch ein später sehr einflußreicher Senator McCarthy, die Roosevelt-Liberalen dafür verantwortlich. McCarthy behauptete sogar, 300 Namen für eine „ungeheuerliche kommunistische Konspiration“ von namhaften politischen Entscheidern zu besitzen.

Senator Tydings forderte McCarthy 1950 vor einem Untersuchungsausschuß des Senats auf, Beweise dafür vorzulegen, was McCarthy nicht konnte. Dieser rächte sich dafür, indem er bei der nächsten Wahl den Gegenkandidaten von Tydings in einem schmutzigen Wahlkampf unterstützte. Tydings verlor die Wahl. Eine direkte Beteiligung McCarthys an dieser Fotofälschung konnte allerdings nie nachgewiesen werden.

Hans Becker von Sothen: Bild-Legenden. Fotos machen Politik. Fälschungen, Fakes, Manipulationen. Ares Verlag, Graz 2013, gebunden, 272 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro

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