© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/13 / 29. November 2013

Der Harvard-Ökonom Larry Summers propagiert Negativzinsen
Geister, die nie wieder gehen
Markus Brandstetter

Larry Summers hat das Zauberwort laut ausgesprochen und Beifall geerntet. Hätte ein anderer Negativzinsen ins Gespräch gebracht, hätte kaum ein Hahn danach gekräht, aber der Neffe der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Samuelson und Kenneth Arrow ist Ökonomieprofessor an der Harvard University, deren Präsident er fünf Jahre war. Summers war zuvor Chefökonom der Weltbank, unter Bill Clinton Finanzminister.

In den ersten Obama-Jahren leitete er dessen Beratergremium National Economic Council (NEC). Summers tanzt auf allen Hochzeiten und drängt sich gern ans Mikrophon, wobei er derzeit dem Keynesianismus frönt, während er vor 15 Jahren noch der Deregulierung der Finanzmärkte und Derivaten (JF 48/13) das Wort geredet hatte.

Von Negativzinsen spricht man, wenn Banken ihre Kunden dafür zur Kasse bitten, wenn diese dort Geld deponieren. Die Normalsparer wären von Negativzinsen zunächst nicht direkt betroffen, Summers meint die Zinsen, die Geschäftsbanken bislang von den Zentralbanken erhalten, wenn sie dort Einlagen über Nacht deponieren. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat diesen Zinssatz (Deposit Facility) bereits im Juli 2012 auf null gesenkt.

Ginge es nun nach Summers-Claqueuren wie Paul Krugman (New York Times) oder Wolfgang Münchau (Spiegel), dann sollte beispielsweise die EZB die nationalen Zentralbanken – wie die Bundesbank – anweisen, für das Parken von Geldern Zinsen zu verlangen. Dadurch sollen Banken gezwungen werden, wieder mehr Gelder an Unternehmen wie Privatleute zu verleihen, damit diese endlich mehr konsumieren und investieren und die lahmende Konjunktur auf Touren bringen. Insbesondere sollen die Geldinstitute, die bislang lieber Einlagen bei den Zentralbanken bunkern, als sie zu verleihen, dazu bewogen werden, wieder in großem Stil Geld an die Euro-Südländer auszuleihen. Funktionieren soll diese riskante Geldpolitik laut Summers deshalb, weil die Inflationsraten überall auf historischen Tiefstständen sind, obwohl die meisten Zentralbanken ihre Wirtschaften mit Geld seit Jahren überschwemmen.

Wer solche Maßnahmen befürwortet, der vergißt erstens, daß Banken trotz Strafzinsen auch zukünftig keine Lust haben werden, schlechten Schuldnern gutes Geld hinterherzuwerfen. Sie werden sich ihre Negativzinsen aber in Form höherer Gebühren bei den Kleinsparern zurückholen: „Wir haben bereits im vergangenen Jahr die notwendigen Anpassungen vorgenommen, um auch negative Zinsen in unseren Handels- und Treasurysystemen, aber auch in den Risiko- und Finanzanwendungen bearbeiten zu können“, verriet die Commerzbank der FAZ. Zweitens könnte das künstlich in die Wirtschaft gepumpte Geld zu spekulativen Blasen führen, die die Krankheit, die es bekämpfen soll, wie einen Kindergeburtstag aussehen lassen.

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