© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/13 / 15. November 2013

Farmer klagen über Willkür der Behörden
Namibia: Professionelle Wilderer und Viehdiebe fügen Bauern im früheren Deutsch-Südwest erhebliche Verluste zu
Yorck Tomkyle

Im Jahre 1912 verfaßte Heinz Anton Klein-Werner die später als „Südwesterlied“ bekannt gewordene inoffizielle Hymne der deutschstämmigen Bewohner Namibias, des früheren Deutsch-Südwest. In ihm werden dessen rauhe Schönheit und der tägliche Kampf ums Überleben in dem wasserarmen Land besungen: „Und sollte man uns fragen: Was hält euch denn hier fest? Wir könnten nur sagen: Wir lieben Südwest!“

Diese Liebe wird zunehmend auf eine harte Probe gestellt. Vor allem dadurch, daß sich neben der Wilderei der – teilweise organisierte – Viehdiebstahl immer mehr zum Problem entwickelt.

Während es sich vor Jahren noch um Einzelfälle handelte, hat sich das Phänomen zu einem Flächenbrand entwickelt, der einzelne Farmen bereits in Existenznöte gebracht hat. Die finanziellen Schäden liegen nach Angaben der Betroffenen zum Teil im sechs- und siebenstelligen Bereich.

Um eine Jagd- oder Rinderfarm in solch wasserarmen Gebiet mit kargen Böden wirtschaftlich betreiben zu können, muß diese eine gewisse Größe haben; die Betriebe umfassen daher eine Fläche von durchschnittlich 10.000 Hektar. Größenbedingt ist es daher nicht möglich, das gesamte Gelände permanent zu überwachen, so daß die Täter, die äußerst kaltblütig und dreist vorgehen, in der Regel leichtes Spiel haben.

Waren es früher noch die Wilderei mit Schlingen oder vereinzelte Tötungen von Rindern mit selbstgemachten Speeren (Assegais), werden nun auch Tiere in größerem Stil einfach mit LKWs abtransportiert. Zunehmend werden Tiere nicht nur an Ort und Stelle getötet, sondern auch verwertet: Die Rinder werden zerlegt, das Fleisch wird bereits am Tatort getrocknet und zu Biltong verarbeitet – der südafrikanischen Dörrfleisch-Variante.

Der Markt für Biltong ist in den letzten Jahren stark gewachsen, wozu auch das gewachsene Interesse an diesem Nahrungsmittel in Übersee beigetragen hat; in der EU ist die Einfuhr von Biltong seit 2010 erlaubt und nimmt seitdem ständig zu. Da der einheimische Markt dadurch immer wieder mit Engpässen zu kämpfen hat, ist die geschilderte kriminelle Biltong-Herstellung für die Diebe zunehmend lohnend.

Begünstig wird die Lage für die Diebe durch das laxe Vorgehen der Behörden. Mehr und mehr Farmer klagen darüber, daß die Polizei bei Anzeige oft gar nicht mehr kommt oder die Anzeigen so nachlässig aufnimmt, daß über das weitere Vorgehen kein Zweifel besteht. Auch von anderen staatlichen Organen wie der Naturschutzbehörde wird gemauert, so daß die Rufe der Farmer nach Selbstschutz lauter werden. Hier werden den Farmern jedoch rechtlich enge Grenzen gesetzt, so daß mancher Farmer hinter vorgehaltener Hand von Willkür und kalter Vertreibung spricht.

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