© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/13 / 08. November 2013

Britanniens Imperium zerfällt
Commonwealth: Der Gipfel des Staatenverbundes in Sri Lanka ist geprägt durch Absagen / „Alte Freunde" nicht aufgeben
Josef Hämmerling

Man gewinnt keine neuen Freunde, wenn man alte Freunde verärgert oder alte Freunde aufgibt. Ich bin definitiv dabei.“ Mit diesen Worten reagierte Neuseelands Premier John Key auf die Ankündigung seines kanadischen Pendants Stephen Harper, den Commonwealth-Gipfel vom 15. bis 17. November in Colombo, Sri Lanka, zu boykottieren. Harper begründete seine Entscheidung mit den vielen Menschenrechtsverletzungen in dem Land durch die von Präsident Mahinda Rajapaksa geführte Regierung.

Schlimmer als der Boykott Harpers ist aber die Ankündigung Kanadas, seine jährlichen Zuwendungen in Höhe von 20 Millionen US-Dollar zu überdenken. Kanada ist nach Großbritannien der zweitgrößte Geldgeber der 54 Commonwealth-Staaten. Sollte Kanada die Zahlungen wirklich aussetzen oder auch nur kürzen, könnte sich dies auf die ganze Arbeit des Commonwealth auswirken. Sri Lanka steht noch weitere zwei Jahre an der Spitze der Organisation.

Ein deutliches Zeichen setzt auch Großbritannien. Erstmals seit 40 Jahren wird Königin Elisabeth II. nicht an dem Treffen teilnehmen. Sie wird sie durch Thronfolger Prinz Charles vertreten. Obwohl die meisten politischen Beobachter dies in erster Linie der angeschlagenen Gesundheit der 87jährigen Monarchin zuschreiben, soll ihrer Ansicht nach mit diesem Schritt ein deutliches Zeichen gesetzt werden. Denn auch die britische Regierung ist mit den Zuständen im ehemaligen Ceylon sehr unzufrieden, kann den Gipfel als Commonwealth-Führungsstaat aber nicht boykottieren.

Doch das Fernbleiben der Königin und von Harper ist nicht das einzige Problem. Vor einem Monat hat Gambia mit sofortiger Wirkung den Austritt aus dem Commonwealth erklärt. Präsident Yahya Jammeh begründete die Entscheidung damit, daß Gambia „niemals Mitglied einer neokolonialen Einrichtung“ sein könne. Auslöser für den Schritt Gambias war nach Aussagen eines Mitarbeiters des gambischen Außenministeriums ein Vorschlag des Staatenverbundes, in Gambia Kommissionen für Menschenrechte, Medien und Korruptionsbekämpfung einzusetzen.

Das Commonwealth wurde im Dezember 1931 gegründet. Obwohl es im Lauf der Jahrzehnte an Macht und Einfluß verlor, ist es neben den Vereinten Nationen der einzige Staatenverbund, der mehr als ein Viertel der Erdbevölkerung repräsentiert und sich zugute hält, seine Mitgliedsstaaten zu mehr Demokratie und weniger Despotismus zu verpflichten.

Entsprechend unterstrich Königin Elisabeth II. vor 20 Jahren auf dem Gipfel in Limassol (Zypern) ihr Credo: „Ich bin absolut sicher, daß auch in 40 Jahren des Commonwealth und seine Ideale geändert und angepaßt überlebt haben werden, aber daß es noch immer eine machtvolle Organisation für Frieden und vernünftige Regierungspolitik sein wird.“ Bereits 20 Jahre später steht die Organisation am Scheideweg.

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