© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/13 / 01. November 2013

„Nicht das billigste, sondern das beste Angebot“
Verkehrspolitik: Die gelben Busse von ADAC und Deutscher Post wollen ein Drittel des hart umkämpften Fernbusmarktes besetzen
Lukas Lang

Seit November rollen die gelben Busse von ADAC und Deutscher Post über unsere Autobahnen. Nach einigen Testfahrten startete der Betrieb mit fünf Strecken zwischen 24 Städten. Der weitere Ausbau der Verbindungen ist bis zum Frühjahr 2014 geplant. Dann sollen 60 Busse zwischen 30 Städten fahren und so ein Drittel des Marktes kontrollieren. Zusammengenommen steigt die Zahl der Fernbusanbieter damit auf über 170.

Auslöser für den rasanten Anstieg war die Liberalisierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) zu Beginn dieses Jahres. Das 1964 in Kraft getretene wettbewerbsfeindliche Gesetz untersagte Fernbuslinien, wenn „der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann“. Neben der Ausnahme West-Berlin konnten so nur bundesdeutsche Städte ohne Bahnanschluß angesteuert werden. In der DDR gab es hingegen zahlreiche Streckenangebote, die sogar in Konkurrenz zur Deutschen Reichsbahn standen. Die damalige internationale Linie Karl-Marx-Stadt–Karlovy Vary (Chemnitz–Karlsbad) existiert noch heute.

Damit der von den Bundesländern mitbezahlte regionale Zugverkehr weiterhin geschützt bleibt, dürfen Strecken unter 50 Kilometern Länge und mit weniger als einer Stunde Reisezeit trotz PBefG-Reform nicht angeboten werden. Durch die weitgehende Aufhebung des Monopols der Deutschen Bahn (DB) wurde nun ein neuer Markt geschaffen, der hart umkämpft ist. Auf Strecken wie Berlin-Hamburg oder Dresden-Berlin kämpfen bis zu fünf Anbieter um Kunden. Unter den Anbietern befinden sich Einzelfirmen wie MeinFernbus und Konzerne wie die DB-Tochter BerlinLinienBus oder der britische National Express. Dessen Konkurrent First Group, der die amerikanischen Greyhound-Linien besitzt, ist hingegen nicht vertreten.

Der harte Konkurrenzkampf nutzt den Kunden. Für die Strecke Hamburg–Berlin ist der Preis auf 9 Euro gesunken. Sollten die Sonderangebote ausverkauft sein, liegen die nächstteureren Fahrkarten mit 18 und 27 Euro immer noch weit unter den DB-Angeboten. Ein umstrittener Wettbewerbsvorteil resultiert daraus, daß für die über 25 Tonnen schweren Busse keine Autobahnmaut fällig wird. Und die billige Fernbuswelt hat weitere Schattenseiten. Das Informationsangebot ist noch ausbaubar. Nur zwei Internet-Suchmaschinen versuchen, einen kleinen Einblick in das unübersichtliche Liniennetz zu geben. So wird vielleicht der nötigste Bedarf gestillt, aber ohne längere Internetrecherche ist noch kein Durchblick möglich.

Wer es bis zum Kauf einer Fahrkarte geschafft hat, darf dann allerdings nicht auf den vom Bahnreisen gewohnten Komfort hoffen. Mehr als ein Dach gegen den Regen bieten die Busbahnhöfe der Großstädte in der Regel nicht. Mit etwas Glück findet man dann seinen Abfahrtsbereich, der für gewöhnlich durch eine Leuchttafel ausgewiesen wird. Diese zeigt Anbieter, Reiseziel und Verspätungen an. Etwa 30 Minuten vor der Abfahrt fährt der Bus ein, es steigen Fahrgäste aus, und ein Mitarbeiter schiebt einen Tisch vor den Eingang, der als Empfangsschalter dient. Hier zeigt man seinen Fahrschein vor, wird von einer Liste gestrichen und kann dann sein Gepäck abgeben – natürlich gegen Aufpreis wie bei den Billigfluglinien.

Im Bus gibt es dafür die Möglichkeit, Essen und Trinken zu kaufen und oft schon kostenfreies W-Lan, um mit Mobiltelefon oder Laptop ins Internet zu kommen. Dieses Anbot ist auch die Nische, die der ADAC-Postbus ausfüllen soll. ADAC-Präsident Peter Meyer zufolge ist der Fernbusmarkt „ein vielversprechendes Geschäftsfeld mit großen Wachstumschancen. Auf lange Sicht soll der ADAC-Postbus dabei nicht zwingend das billigste, sondern das beste Fernbus-Angebot sein.“

So sind die gelben Busse zwar günstiger als die Sparangebote der Bahn, bewegen sich aber eher im oberen Bereich der Fernbuspreise. Der Postbus versucht dafür, mit Komfort zu überzeugen. Ob dieser Spagat gelingt, wird sich zeigen. Denn ein Großteil der Fernbusnutzer rekrutiert sich nicht aus Bahnkunden, denen eher an Schnelligkeit und Verläßlichkeit gelegen ist. So wird die DB, unbeeindruckt von den Billigbussen, im Dezember erneut die Preise erhöhen.

Bei den Buskunden handelt es sich – wie bei Greyhound in den USA – um Personen, die aufgrund ihres Einkommens selten oder gar nicht Auto, Bahn oder Flugzeug nutzen können. Hinzu kommen Studenten und Niedrigverdiener. Ein weiterer Teil der Buskunden besteht aus Autofahrern und Nutzern der Mitfahrgelegenheiten. Die wirkliche Konkurrenz findet daher zwischen den Fernbusunternehmen statt, aber nicht mit der DB. Der Gründer von Mein Fernbus, Torben Greve, sieht deshalb keine Gefahr im Postbus: „Ich blicke der neuen Konkurrenz gelassen entgegen, solange der teilstaatliche Postkonzern im Zusammenschluß mit dem gemeinnützigen Verein ADAC fair spielt.“

Suchmaschinen für Fernbusangebote: www.busliniensuche.de www.fernbusse.de

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