© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/13 / 25. Oktober 2013

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Exoten in der CDU
Marcus Schmidt

Auf den ersten Blick verbindet Cemile Giousouf, Martin Pätzold, Kees Cornelis de Vries, Heinrich Zertik und Kai Whittaker nicht viel miteinander. Doch auf den zweiten Blick finden sich eine Reihe von Gemeinsamkeiten – und dann doch wieder viel Trennendes.

Aber der Reihe nach: Gemeinsam ist den fünf, daß sie seit der Wahl am 22. September im Deutschen Bundestag sitzen – für die CDU. Sie zählen damit zu den 114 Parlamentsneulingen in der Unions-Fraktion. Und doch wird es Fraktionschef Volker Kauder (CDU) vermutlich wesentlich leichter fallen, ihre Namen zu lernen, als die der zahlreichen anderen Neulinge. Denn Giousouf, Pätzold, de Vries, Zertik und Whittaker gehören zu dem kleinen, aber seit der Bundestagswahl deutlich gewachsenen Kreis von Abgeordneten mit ausländischen Wurzeln.

Laut Recherchen des Mediendienstes Integration haben im neuen Parlament 37 Abgeordnete (5,9 Prozent) einen sogenannten Migrationshintergrund. Den prozentual höchsten „Ausländeranteil“ hat mit 12,5 Prozent die Linkspartei, den niedrigsten die Union. Bei der CSU hat lediglich ein Abgeordneter von 56 familiäre Verbindungen ins Ausland, bei der Schwesterpartei sind es 3,1 Prozent (8 von 255).

Schaut man sich die fünf Unions-Abgeordneten, die am Montag in der Berliner Konrad-Adenauer-Stiftung von ihren Erfahrungen berichteten, etwas genauer an, werden allerdings sehr schnell Unterschiede deutlich. Da ist zum einen die 35 Jahre alte „Vorzeigemigrantin“ Cemile Giousouf, die ihre Rolle als erste muslimische Bundestagsabgeordnete der Christdemokraten der Förderung durch den früheren nordrhein-westfälischen Integrationsminister Armin Laschet (CDU) verdankt. Bei anderen, wie dem jungen Deutsch-Briten Kai Whittaker, deutet allenfalls der Nachname auf eine ausländische Abstammung hin, bei Martin Pätzold die von seiner armenischen Mutter geerbten dunklen Haare und Augen.

Als vorbildlich integriert präsentierte sich der gebürtige Niederländer Kees Cornelis de Vries, der sich 1992 als Landwirt in Sachsen-Anhalt niedergelassen hat. Zwar sei es ein emotionaler Moment für ihn gewesen, als er 2005 seinen holländischen Paß abgeben mußte, um Deutscher zu werden. „Aber es ist klar, daß man sich zu Deutschland bekennt, wenn man hier ein Amt anstrebt“, sagt der frischgebackene Abgeordnete mit dem charmanten Rudi-Carrell-Akzent. In die Politik ist er nicht gegangen, um sich speziell für die Belange von Ausländern einzusetzen, sondern um die Kommunalpolitik zu gestalten. Ähnlich war es bei dem Rußlanddeutschen Heinrich Zertik, der sich vom Kommunalpolitiker in Nordrhein-Westfalen zum ersten Aussiedler in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „hochgedient“ hat.

Ausländische Wurzeln, das zeigt das Beispiel der fünf CDU-Politiker, machen einen Abgeordneten nicht automatisch zum geborenen Fachmann für Integrationspolitik. So sieht es auch Kai Whittaker: „Für unsere Partei sollte es nicht wichtig sein, woher wir kommen, sondern wohin wir gehen.“

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