© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/13 / 18. Oktober 2013

Beißender Konsensgeruch
Digitale Publizistik: Der deutsche Ableger der US-Internetzeitung „Huffington Post“ ist jetzt online
Toni Roidl / Richard Stoltz

Die HuffPo ist online. Mit viel Tamtam wurde vorige Woche der Deutschland-Start der US-Internetzeitung Huffington Post begleitet. Es waren nicht nur Fanfarenstöße. Kritisch wird besonders das Gratismodell gesehen, denn die Blogger und Gastautoren sehen für ihre Artikel keinen Cent. Trotzdem ist die Blog-Spalte am linken Rand proppevoll: Neben Politikern, Unternehmern und Gewerkschaftern, Umweltschützern, Kirchenvertretern etc. pp. tummeln sich dort auch allerlei Medienprominente. Uschi Glas (Berufsangabe: „Schauspielerin, sozial engagiert“) schreibt einen tränenreichen Artikel über Kinderarmut, der Großdenker und Sprachstilist Boris Becker über seinen Twitter-Streit mit Oliver Pocher, und Maria Furtwängler hat angekündigt, über Frauenrechte zu bloggen ... Nebenbei: Die ganze Seite wirkt so übersichtlich wie ein Schnittmusterbogen.

„Werden Sie Teil der Debatte!“, wirbt die HuffPo lautsprecherisch. Doch worüber eigentlich? Die meisten Texte verströmen beißenden Konsensgeruch, gleich ob es um Zuwanderer nach Europa („Geflohen, um zu leben“), die Todesstrafe in den USA oder die Unverzichtbarkeit der Linkspartei geht. Die Huffington Post will vor allem ihre Zugriffszahlen und Google-Rankings optimieren – und Anzeigen verkaufen. Um nicht mißverstanden zu werden: Das ist nicht verwerflich. Nur mit echter Debattenkultur hat das alles nichts zu tun.

www.huffingtonpost.de

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