© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/13 / 18. Oktober 2013

Kosten steigen um 852 Prozent
Urteil: Rumänen und Bulgaren haben Anspruch auf Sozialhilfe
Henning Hoffgaard

Mehr als nur ein Urteil. Das Landessozialgericht Nord-rhein-Westfalen hat einer vierköpfigen rumänischen Familie das Recht auf Sozialleistungen zugesprochen. Die Begründung: Es sei so gut wie ausgeschlossen, daß der Familienvater in Deutschland noch eine Arbeit findet. Zudem habe die Familie ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland. Bis zu 130.000 Rumänen und Bulgaren könnten von dem Urteil profitieren. Eigentlich haben EU-Ausländer nur in Ausnahmefällen Anspruch auf Sozialleistungen. Das Jobcenter Gelsenkirchen, das den Antrag der Rumänen ablehnte, hat deswegen schon Revision angekündigt.

In Berlin schrillen bereits die Alarmglocken. Um knapp 60 Prozent sei die Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien zwischen 2010 und 2012 gestiegen, heißt es in einem Schreiben des Innenministeriums an die EU-Kommission. Im vergangenen Jahr kamen etwa 174.000 Personen aus den beiden Ländern, darunter viele Zigeuner. Viele Kommunen merken die Einwanderung der zumeist schlecht qualifizierten Arbeitssuchenden bereits jetzt. In Berlin stiegen die Sozialausgaben für Rumänen und Bulgaren zwischen 2011 und 2012 um 38 Prozent. Auch München (plus 60 Prozent) und Offenbach (plus 69,8) sind betroffen.

Besonders dramatisch ist die Situation in Duisburg. Die Ausgaben für bulgarische Staatsangehörige kletterten dort zwischen Januar 2010 und Juni 2013 um 852,1 Prozent. Die Leistungen für Rumänen stiegen im selben Zeitraum um 223 Prozent, teilte das Duisburger Jobcenter auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. Insgesamt erhielten Staatsangehörige der beiden Länder vom Jobcenter knapp 300.000 Euro im Monat. Dabei handelt es sich jedoch nur um die Kosten für die „arbeitslosen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten“ und nicht die Gesamtzahl der Leistungsbezieher. Auch die von der Stadt zu tragenden Kosten für Unterkunft und Heizung seien nicht inbegriffen. Kurz: Es ist alles noch viel teurer.

Duisburg ist damit wie viele andere Kommunen überfordert. Die Stadt legte ein Maßnahmenpaket von 18,5 Millionen Euro auf. Auch um den „sozialen Frieden“ zu sichern. Geld, das die Stadt nicht hat. Die Gewerbeanmeldungen der Rumänen und Bulgarien bringen den Gemeinden wenig. In Mannheim meldete die Verwaltung jüngst 2.000 der 3.500 angemeldeten Gewerbe wegen Scheinselbständigkeit wieder ab. Das Fazit des Innenministeriums: Der Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien wird weiter zunehmen.

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