© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/13 / 11. Oktober 2013

Frisch gepreßt

Marienburg. Über die geschichtspolitische Rolle, die die Marienburg, Hauptsitz des Deutschen Ordens im spätmittelalterlichen „Preußenland“, seit ihrem Wiederaufbau bei der Entfaltung des deutschen Nationalbewußtseins gespielt hat, unterrichtet auch heute noch am besten die Arbeit des 1998 verstorbenen Göttinger Mediävisten und gebürtigen Marienburgers Hartmut Boockmann von 1982 („Die Marienburg im 19. Jahrhundert“). Zu ergänzen wäre sie durch Analysen polnischer Reaktionen auf den Wiederaufbau. Zwei Beiträge dazu finden sich nun in einem von Vechtaer Historikern edierten Tagungsband: in Christoph Garstkas (Köln) Studie über die Ordensritter in der polnischen Literatur des 19. Jahrhunderts sowie in Pawel Kosińskis Sammlung von Impressionen polnischer Touristen, die es vor 1945 eher selten in die Nogat-Feste zog. Die meisten deutschen Beiträge des Bandes fallen hingegen gegenüber Boockmann kraß ab. Den geschichtsklitternden Tiefpunkt erreicht dabei der Oldenburger Doktorand Christoph Kienemann, der aus dem Deutungsstreit über den Ordensstaat und die Marienburg den polnischen Part gänzlich eliminiert, um den sich formierenden aggressiven polnischen Nationalismus für inexistent zu erklären und als deutsches „Stereotypenkonstrukt“ zu verkaufen. (wm)

Bernd Ulrich Hucker u. a. (Hrsg.): Die Marienburg. Vom Machtzentrum des Deutschen Ordens zum mitteleuropäischen Erinnerungsort. Schöningh Verlag, Paderborn 2013, gebunden, 243 Seiten, Abbildungen, 34,90 Euro

 

Hirntod. Organspende geht alle an – und doch: Wer interessiert sich schon dafür? Es betrifft uns schließlich erst nach dem Tod. Doch eben das könnte ein tödlicher Irrtum sein, denn Voraussetzung für Organentnahme ist der Hirntod. Aber der ist keineswegs das gleiche wie der natürliche Exitus, sondern eine medizinische Konvention, um Organe so frisch wie möglich zu entnehmen. Im Klartext: Leben retten durch Töten, so klingt jedenfalls das Fazit der Publizistin, Ärztin und Medizinalrätin Regina Breul in ihrem im katholischen Verlag Media Maria erschienenen Buch. Der Band teilt sich in eine ausführliche thematische Einführung, ein aufschlußreiches Interview mit Wolfgang Waldstein, emeritierter Rechtswissenschaftler der Lateran-Universität, und einen Bericht der Tagung der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften. (mo)

Regina Breul im Gespräch mit Wolfgang Waldstein: Hirntod – Organspende. Und die Kirche schweigt dazu. Media Maria, Illertissen 2013, broschiert, 154 Seiten, 14,95 Euro

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