© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/13 / 11. Oktober 2013

T-Online greift „Bild“ im Netz an
Götterdämmerung: bild.de ist eine der meistgelesenen deutschen Netzseiten / Die Telekom-Portalseite will das jetzt ändern
Lion Edler

Der Aufstieg des Internets wirbelt auch beim Axel-Springer-Verlag alles durcheinander. Nachdem die Auflage der Bild sich seit Jahren in einem kontinuierlichen Niedergang befindet, bekommt nun auch der Internetauftritt des Boulevardblatts ein Problem.

T-Online, einst Partner von Bild, startet mit seinem Netzportal eine Offensive: In Darmstadt soll ein Nachrichtenzentrum entstehen, in dem bis zu 50 Redakteure gleichzeitig schreiben sollen; außerdem will das Unternehmen einen 24-Stunden-Dienst für die gesamte Woche und ein Videoportal anbieten.

Als Chance für T-Online könnte sich hier erweisen, daß bild.de kürzlich eine eingeschränkte Bezahlschranke einführte. T-Online will seine redaktionellen Inhalte dagegen weiterhin kostenlos zur Verfügung stellen. Zudem kann T-Online diese vollständig für das Internet verwenden und muß dabei keine Rücksicht auf gedruckte Titel nehmen. Vor allem aber hoffen die Macher von T-Online, daß sie wegen der ähnlichen Nutzerstruktur unter anderem von Yahoo, Web.de oder eben bild.de neue Leser gewinnen können.

Denn der Durchschnittsleser von T-Online interessiert sich auch für Boulevardthemen, sei ungefähr 43 Jahre alt und nutze die Plattform mehrmals in der Woche, erläutert der Leiter der Portale der Deutschen Telekom, Ralf Baumann, gegenüber der Branchenzeitschrift Werben & Verkaufen. „Wir werden keinen Investigativ-Journalismus betreiben“, stellte Baumann zugleich klar.

Vielmehr gelte es, vorhandenes Material der Agenturen neu aufzubereiten. Mit den täglich etwa 500 produzierten Artikeln will sich T-Online „strikt neutral verhalten und keine politische Meinung äußern“, heißt es aus dem Unternehmen. Nun ja. Ein aktueller Bericht über den Haushaltsstreit in den USA betitelt die konservative Tea Party pauschal als „Radikale im fundamental-demokratischen Gewand“, als „Rechtsaußen“-Aktivisten und „rechtskonservative Wirrköpfe“. Neutralität liegt da wohl im Auge des Betrachters.

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