© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/13 / 04. Oktober 2013

Umwelt
Zuviel zubetoniert
Volker Kempf

Der Flächenverbrauch ist mit einer zusätzlichen Siedlungs- und Verkehrsfläche von 81 Hektar pro Tag eines der ungelösten Umweltprobleme in Deutschland. Weit mehr als hundert Fußballfelder werden damit tagtäglich erstmalig für die Bebauung freigegeben. Das widerspricht der „Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie“ der Bundesregierung, die den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren will. Das Umweltbundesamt (UBA) schlägt daher – analog zum CO2-Emissionshandel (JF 38/11) – einen Flächenzertifikatehandel vor. Ein Modellversuch wurde jetzt bundesweit gestartet. Über die Zertifikate sollen Bauflächen auf der grünen Wiese Geld einbringen, welches in die Förderung von Renaturierung fließen soll.

Das klingt zunächst nach mehr Bürokratie, die mitfinanziert werden muß. Aber auch im Erfolgsfall bliebe die Maßnahme eine rein technische Lösung. Das Verursacherprinzip müßte zwei Faktoren berücksichtigen: Erstens den Flächenanspruch pro Kopf. Dieser wird meist schon durch Abwassergebühren für versiegelte Flächen finanziell berücksichtigt. Zweitens wäre die Bevölkerungsentwicklung zu beachten. Denn die steigende Einwanderung nach Deutschland verursacht nicht nur höhere Miet- und Immobilienpreise, sondern auch einen wachsenden Flächenbedarf. Eine Lösung der Euro-Krise würde die zuletzt gestiegene Zuwanderung zumindest aus der Süd-EU begrenzen helfen. Solcherlei Überlegungen fehlen aber anläßlich der UBA-Kampagne für weniger Flächenverbrauch. Technischer Umweltschutz ist wichtig, aber etwas mehr Mut zur Wahrheit gehört auch bei der Umweltvorsorge auf die politische Agenda.

UBA-Planspiel Flächenhandel: www.flaechenhandel.de

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