© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/13 / 27. September 2013

Volksentscheid für Rückkauf der Hamburger Energienetze
Das lohnt sich
Jörg Fischer

Warum viele deutsche Politiker und Politologen Volksabstimmungen fürchten wie der Teufel das Weihwasser, zeigte sich am Sonntag in Hamburg: Zusammen mit der Bundestagswahl stimmten fast 51 Prozent der wählenden Hanseaten für die Rekommunalisierung ihrer Energieversorgung. Die Hansestadt soll die Netze für Strom und Fernwärme (derzeit bei Vattenfall) und Gas (Eon) künftig wieder selbst bewirtschaften.

Dabei hatte eine ganz große Koalition aus alleinregierender SPD sowie CDU und FDP gemeinsam mit Wirtschaftslobbyisten eindringlich vor der Bürgerinitiative „Unser Hamburg – unser Netz“ gewarnt. Bei der Bundestagswahl bekamen die drei Konzernparteien zwar überwältigende 69,4 Prozent, in der Energiefrage hingegen ein Abfuhr. Das hat Tradition: 2010 wurde die von der SPD unterstützte schwarz-grüne Schulreform per Volksentscheid abgelehnt.

Daß die Hamburger Energienetze „privatisiert“ wurden, stimmt bezüglich Vattenfall ohnehin nicht. Der fünftgrößte Stromerzeuger Europas ist zwar eine Aktiengesellschaft, die gehört jedoch dem schwedischen Staat. In der Privatisierungseuphorie der neunziger Jahre wurde Vattenfall von deutschen Politikern fast der gesamte Strommarkt in Mittel- und Norddeutschland zugeschanzt – und damit faktisch eine Monopolstellung.

Statt des versprochenen Wettbewerbs zum Wohl der privaten wie der Firmenkunden gab es knallharte Monopolpreise. Die Monopolgewinne verblieben nicht in der Region, sondern flossen in fremde Taschen. Der Rückkauf der Netze wird sicher nicht billig, aber angesichts zweistelliger Renditen ist es für die Hamburger Bürger langfristig ein gutes Geschäft. München hat diesbezüglich gut lachen: Dort gehören die Stadtwerke seit eh und je 100prozentig der Landeshauptstadt. Wie es in Berlin energetisch weitergeht, entscheiden die Bürger dort am 3. November.

Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“: www.unser-netz-hamburg.de

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