© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/13 / 20. September 2013

Vor fünf Jahren nahm die Weltfinanzkrise rasant Fahrt auf
Fanal Lehman
Markus Brandstetter

Vor fünf Jahren gingen diese Bilder um die Welt: hochbezahlte Finanzmanager, die ihre Habseligkeiten in Pappkartons durch die Straßen Manhattans trugen. Zuvor hatte die New Yorker Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz angemeldet. Die Aktienkurse fielen auf breiter Front. Der Finanz- und Versicherungskonzern AIG wurde verstaatlicht und im November 2008 mit weiteren 150 Milliarden Dollar notbeatmet. Im Mai war bereits die Investmentbank Bear Stearns nur per Übernahme durch JP Morgan einer Katastrophe entgangen.

Doch erst mit der Lehman-Pleite nahm die 2007 begonnene Finanzkrise – die schwerste seit 1929 – so richtig Fahrt auf. Weltweit startete eine Serie milliardenschwerer Rettungsmaßnahmen, die die globale Finanzwelt auf immer verändert haben, Steuerzahlern in den Industrienationen exorbitante Steuersätze bescherten und trotzdem die Wirtschaftskrise nicht verhindern konnten.

Kann so etwas wieder passieren? Und was führte zur Krise von 2008? Ein Hauptgrund lag darin, daß die US-Immobilienpreise absurde Höhen erreicht hatten. Die meisten dieser Objekte waren mit Hypothekenkrediten finanziert, bei denen kein Eigenkapital verlangt war, die keine Bonitätsprüfung vorsahen und deren anfangs extrem niedrige Zinsen sich nach ein, zwei Jahren verdoppelten, wodurch die Kreditnehmer reihenwiese umfielen. Hinzu kam, daß diese Subrime-Hypotheken zu Tausenden in Investmentvehikel gebündelt und zwischen Banken auf der ganzen Welt – von Rating-Agenturen geadelt – hin und her verkauft wurden. So war die Katastrophe vorprogrammiert. In dem Moment, in dem immer mehr kleine Hypothekenschuldner ausfielen, mußten die auf Kredit gekauften Investmentvehikel wertlos werden und irgendwann alles in diesen apokalyptischen Mahlstrom hineinreißen.

Der britische Economist geht davon aus, daß sich die Finanzkrise von 2007/08 so nicht wiederholen wird, weil alle großen Banken auf der Welt seitdem gezwungen wurden, mehr und besseres Eigenkapital vorzuhalten, und eine Überhitzung der Immobilienmärkte augenblicklich nicht in Sicht ist.

Aber deshalb sind wir noch lange nicht aus dem Schneider. Die größte Gefahr, die der Weltwirtschaft heute droht, ist die exorbitante Staatsverschuldung vieler EU-Staaten und auch Japans (JF 23/13). Die zweite Gefahr ist eine Krise der chinesischen Wirtschaft, deren enorme Nachfrage nach Rohstoffen, Maschinen und Autos viel zu sehr auf Investitionen und viel zu wenig auf Konsum beruht. China, sagen manche Experten, sei ein Lehman in spe.

Die dritte Gefahr geht von Staaten wie Australien, Thailand, Brasilien oder Südafrika aus, die – von Rohstoffexporten abhängig – ihre nationalen und internationalen Kredite nicht mehr bedienen könnten, wenn der hauptsächlich durch China ausgelöste Rohstoffboom einmal vorbei wäre.

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