© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/13 / 20. September 2013

Grüße aus Athen
Steinbruck? Steinbruch?
Panayotis Doumas

Das waren noch Zeiten. Als ich im Jahr 1990 mit meinen Koffern im Eingang des katholischen Wohnheimes in Freiburg stand und nach meinem Zimmer suchte, begrüßte mich ein großer Typ namens Albert, seines Zeichens Student der Philosophie. Nicht mit Hallo, sondern mit Versen aus Homers Odyssee – auf altgriechisch.

Leider kannte ich nur die ersten zwei Verse der Odyssee auswendig, und trotz meiner Griechischkenntnisse war es unmöglich, mit ihm auf Altgriechisch zu kommunizieren. Doch das tat der Atmosphäre keinen Abbruch. Denn vor dem Eingang der Albert-Ludwigs-Universität wiesen die Statuen von Homer und Aristoteles den Weg.

Als griechischer Student stieß ich auf viel Sympathie. Für die Deutschen waren Griechen ein kleines Volk mit einer riesigen Geschichte und Kultur. Außerdem, so urteilten vor allem die deutschen Frauen, lebten wir Griechen im schönsten Land der Welt und bestachen durch einen unschlagbaren Charakter: eine Mischung aus Mittelmeer-Temperament, orientalischer Mystik und balkanischer Brutalität.

Parallel hierzu machten die Griechen nie einen Hehl daraus, daß ihnen Disziplin, Organisation und der kämpferische Geist der Deutschen gefielen. Dies ging sogar so weit, daß die Hellenen trotz der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg nicht ihre englischen Befreier verehrten, sondern die Deutschen.

Nun heißt es „Faß ohne Boden“ auf der einen und „Germanisierung der europäischen Wirtschaft“ auf der anderen Seite. Futsch sind Mystik und Bewunderung. Seit zwei Monaten wird in Radio und TV mehr über die deutsche Wahl berichtet als über die Steuerdebatte oder die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Wahl im eigenen Land. Ich weiß nicht mehr, wann ich das letzte Mal merkel- und schäublefreie Nachrichten im Auto gehört habe. Dazu noch – ja wie heißt der SPD-Parteichef eigentlich – Peer Steinbruch oder Steinbruck.

Doch halt. Hoffnungslos ist unser Verhältnis nicht. Deutsche Autos sind immer noch die beliebtesten. Auch Weißbier wird immer mehr getrunken. Um ehrlich zu sein, will ich Deutschland sobald wie möglich einen Besuch abstatten. Berlin oder besser München. Da war ich nie und könnte zudem die Theatinerkirche aufsuchen. Denn hier liegt der von den Griechen 1832 als Retter inthronisierte und 1862 verjagte König Otto I., dessen letzte Worte im Exil „mein liebes Griechenland“ waren.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen