© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/13 / 13. September 2013

Umwelt
Nuklearer Winter
Heiko Urbanzyk

Der Stromversorger Duke Energy stoppte in Levy County/ Florida seine Planungen für zwei Kernreaktoren. Damit scheiterten in den USA in kürzester Zeit fünf großspurige Planungen für neue Atomprojekte. Vier weitere Reaktoren wurden heruntergefahren. Steht damit die einst durch George W. Bush ausgerufene und durch Präsident Barack Obama keineswegs gestoppte „nukleare Renaissance“ vor ihrem Ende? Stehen die USA vielleicht sogar vor einem radikalen Abbau der Atomkraft? Ja – wenn wirklich alles rein marktwirtschaftlich zugehen würde. Ein zunehmend gewichtiger Grund für diese Prognose ist die Tatsache, daß die USA dank der umstrittenen Frackingtechnologie auf dem Weg zum Selbstversorger bei Öl und Gas sind (JF 5/13). Der Preis so gewonnenen Schiefergases sank innerhalb von fünf Jahren um etwa 70 Prozent. Der neue „Goldrausch“ eröffnet den Weg zur Energieautarkie.

Das Duke-Energy-Debakel in Florida zahlt allerdings der Verbraucher. Der Energieriese kassierte seine Kunden in Höhe von knapp einer Milliarde US-Dollar im voraus ab – für Reaktoren, die nicht einmal gebaut sind. Das Geld darf Duke Energy behalten. Wie das? Florida beschloß als erster von drei Bundesstaaten 2006 ein Lobbygesetz, das es Stromversorgern erlaubt, Projektkosten für neue Kraftwerke viele Jahre vorab einzutreiben. Einer Klage vor dem Supreme Court hielt das Gesetz stand. Für 1.000 Kilowatt Strom werden für US-Verhältnisse satte 5,62 Dollar pro Durchschnittsverbraucher fällig. Das erinnert an die deutsche EEG-Umlage, bloß daß in Florida nicht die Öko-, sondern die Atomlobby der Nutznießer ist. Die Meiler in Levy County sollte 2024 ans Netz – null Kosten bei Duke Energy, volles Risiko beim Kunden. Die Energiepolitik beiderseits des Atlantiks verfolgt unterschiedliche Ansätze. Nur eins gilt immer: Die Rechnung landet letztendlich beim Endverbraucher.

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