© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/13 / 13. September 2013

Rechtsrutsch mit Ansage
Norwegen: Nach dem Sieg bei der Parlamentswahl stehen den bürgerlichen Parteien harte Koalitionsverhandlungen bevor
Jens Boye Volquartz

Während die Menge ihren Namen skandierte, zog Erna Solberg triumphal zur Siegesfeier ein. Kein Wunder, hatte doch ihre liberal-konservative Partei Høyre bei einem Wahlergebnis von 26,9 Prozent (2009: 17,2 Prozent) ihr bestes seit 28 Jahren eingefahren. Entsprechend sprach die 53jährige Parteichefin von einem „historischen“ Ergebnis, das zeige, daß die Wähler – wie schon die Umfragen andeuteten – ihr und ihrer Partei vertrauten. Sie wolle nun dem Land eine neue Politik geben.

Als potentieller Regierungspartner gilt die rechtsliberale Fortschrittspartei (FrP) unter ihrer Vorsitzenden Siv Jensen, die mit 16,3 Prozent (2009: 22,9 Prozent) der Stimmen drittstärkste Kraft wurde und zum ersten Mal seit ihrer Gründung 1973 an einer Regierung beteiligt werden könnte. In ihrer kraftvollen Siegesansprache ging Jensen, die bereits als Finanzministerin gehandelt wird, in die Offensive, betonte jedoch auch den guten Willen ihrer Partei „zu geben und zu nehmen“. Neben Høyre und FrP sollen die christliche Volkspartei (5,6 Prozent) und die liberale Venstre (5,3 Prozent ) an einer Regierung beteiligt werden.

Die sozialdemokratische Arbeiterpartei des Ministerpräsidenten Stoltenberg ging zwar mit 30,8 Prozent (2009: 35,4 Prozent) als stärkste Partei aus der Wahl hervor, jedoch büßten seine Regierungspartner, die liberale Zentrumspartei (5,4 Prozent) und sozialistische Linkspartei (4,1 Prozent), gegenüber der Wahl 2009 (beide je 6,2 Prozent) Stimmen ein. Stoltenbergs Koalition errang 72 der 169 Parlamentsmandate, während das konservative Bündnis um Solberg sich 96 Plätze sicherte. Ein Sitz entfällt auf die grüne Partei MDG (2,8 Prozent).

Nach ihrem Wahlerfolg betonte Solberg vor allem die Stärkung der Wirtschaft Norwegens als Hauptanliegen ihrer politischen Arbeit. Vor allem sei ihr wichtig, daß Norwegen in Zukunft nicht allein vom Öl abhängig ist. Weitere Schwerpunkte lägen in den Bereichen Krankenversorgung, Bildung und der Steuerentlastung für Bürger. Dagegen setzte die FrP im Wahlkampf sehr auf den Bereich der Einwanderungsproblematik, was zuletzt zu Distanzierungen der potentiellen Koalitionspartner führte (JF 37/13). Welche Themen sich in einer künftigen rechts-bürgerlichen Regierung durchsetzen, werden die Koalitionsverhandlungen zeigen, die zum Ende der Woche beginnen sollen.

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