© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/13 / 13. September 2013

Holzkreuze statt Wahlplakate
„Marsch für das Leben“: Am Tag vor der Bundestagswahl planen Lebensschützer ihre traditionelle Demonstration durch das Regierungsviertel
Lion Edler

Martin Lohmann ist in Aufbruchstimmung. Der Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht (BVL), der alljährlich in Berlin mit einem „Marsch für das Leben“ gegen Abtreibungen protestiert, sieht „auch und gerade unter jüngeren Menschen“ eine wachsende „Sensibilität für das Leben“. Die Chancen stehen also gut, daß der Rekord von rund 3.000 Demonstranten, der im vergangenen Jahr aufgestellt wurde, in diesem Jahr gebrochen wird. Mit weißen Holzkreuzen wollen die Teilnehmer der Lebensschutzdemonstration auf die Problematik der Abtreibung hinweisen und für ein Umdenken in der Gesellschaft werben.

Allerdings betont Lohmann auch, daß es ihm bei seinem Kampf um den Lebensschutz nicht nur um Abtreibungen, also die „Tötung noch nicht geborener Menschen“ gehe. Vielmehr stünden auch Fragen der Präimplantationsdiagnostik, der Stammzellforschung und nicht zuletzt der Euthanasie im Fokus, erläutert der Sprecher des CDU-internen Arbeitskreises Engagierter Katholiken (AEK). Im vergangenen Jahr hatte der Bundesverband Lebensrecht eine „Berliner Erklärung“ beschlossen, in der die wichtigsten Forderungen zusammengefaßt sind. Ein Verbot der Abtreibung wird nicht ausdrücklich verlangt; stattdessen fordert der Verband, die Finanzierung von Abtreibungen einzustellen und das Geld dafür einzusetzen, daß Schwangere und Familien „wirksame und nachhaltige Hilfe zum Leben mit ihren Kindern erfahren“. Außerdem sollen „die geltenden Abtreibungsgesetze und ihre Praxis einer gründlichen wie umfassenden Prüfung und Korrektur“ unterzogen werden. Ärztliche Beihilfe zum Suizid und die sogenannte Präimplantationsdiagnostik (PID) sollen nach dem Willen des Verbands verboten werden.

Unterstützt wird die Demonstration von dem evangelisch-reformatorischen Netzwerk Deutsche Evangelische Allianz (DEA). Deren Generalsekretär Hartmut Steeb versteht die Veranstaltung als ein Zeichen gegen „das erneute Aufkommen der Euthanasie“ und gegen „Tötung durch Selektion“. Auch von einigen CDU-Politikern wird der Marsch unterstützt, doch schickten etwa der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, und der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Union, Volker Kauder, in den vergangenen Jahren nur schriftliche Grußworte und beteiligten sich nicht persönlich an der Demonstration. Der öffentlichkeitswirksame Einsatz für das Leben wird in der Parteiführung offenbar nicht gern gesehen.

Dennoch laufen die Vorbereitungen für den Marsch bereits auf Hochtouren. „Also ich weiß, daß es extrem voll werden wird, allein aus unserer Region Ruhrgebiet starten mindestens drei Reisebusse nach Berlin“, verrät die Studentin Christina voller Begeisterung der JUNGEN FREIHEIT. Besonders froh ist die junge Frau darüber, daß sie diesmal auch einen katholischen Priester mitbringen wird, der für den Lebensschutz Farbe bekennen. Auch die Polizei habe ihr Personal aufgestockt, sagt die Abtreibungskritikerin. Dies weise darauf hin, daß auch von offizieller Seite diesmal mit besonders vielen Teilnehmern gerechnet werde.

Das Aufgebot der Ordnungshüter ist notwendig, da der „Marsch für das Leben“ alljährlich in das Visier von gewaltbereiten Linksextremisten und Radikalfeministen gerät. Immer wieder wurden in den vergangenen Jahren Abtreibungsgegner tätlich angegriffen, bedroht oder bepöbelt, Kreuze aus den Händen der Demonstranten gerissen und geschändet. Die Beschimpfung von Demonstranten als Kindesvergewaltiger oder linke Hetzparolen wie „Hätt’ Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben“ gehören zur Realität, die den Marsch seit langem begleitet.

Los geht es am 21. September um 13 Uhr mit einer Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt. Bewußt haben die Veranstalter den Tag vor der Bundestagswahl ausgewählt, unterstreicht Lohmann. Man möchte mit der Wahl des Datums darauf hinweisen, „daß gerade Politiker eine große Verantwortung für das Leben haben und ihrem Gewissen verpflichtet sind, Schaden von den Menschen abzuhalten und Sicherheit zu schaffen“, sagte Lohmann.

www.marsch-fuer-das-leben.de

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