© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/13 / 06. September 2013

Bürgerentscheid schwergemacht
München: Stadt behindert Unterschriftensammlung gegen Islam-Zentrum
Hinrich Rohbohm

Leute, wacht auf, bevor es zu spät ist“, mahnt eine Stimme aus dem Mikrofon immer wieder. Sie gehört Michael Stürzenberger. Der 49jährige hat mit seiner Partei „Die Freiheit“ einen Infostand in der belebten Fußgängerzone zwischen Stachus und Marienplatz aufgebaut und sammelt Unterschriften gegen den geplanten Bau einer Großmoschee mit angeschlossenem Islamzentrum in der Münchner Innenstadt (JF 9/12).

Dicht gedrängt schieben sich die Menschen am Stand der Moscheegegner vorbei. Auch Moslems. Des öfteren sind vollverschleierte Frauen mit ihren Männern zu sehen, die beim Anblick von Plakaten mit durchgestrichenen Moscheen und Halbmonden irritierte Blicke wechseln. „Die kommen nicht von hier“, sagt Stürzenberger. Das Münchner Zentrum zwischen Stachus und Marienplatz sei bei wohlhabenden Moslems aus arabischen Golfstaaten als Einkaufsmeile beliebt.

Ein deutschsprachiger Moslem ist dagegen nur schwer zu beruhigen, schimpft in Richtung des Infostandes. Nur mit Mühe kann ihn seine Frau beruhigen. „Ich soll mich nicht aufregen? Die beleidigen meine Religion“, ruft der Mann verärgert. Immer wieder kommen jedoch auch Passanten zu dem weißen Pavillon, den die Islamkritiker aufgebaut haben und wo auf einem Tisch Unterschriftslisten gegen den Bau einer Großmoschee am Stachus bereitliegen. „Ich bin schon beunruhigt“, sagt eine Frau um die 50. „Wer garantiert uns denn, daß da nicht später auch Haßpredigten gegen andere Glaubensrichtungen verbreitet werden?“ fragt sie. Mit ihrer Skepsis steht sie nicht allein da.

„Wir haben bereits 30.000 Unterschriften zusammen“, berichtet Stürzenberger. 34.000 benötigt er, um ein Bürgerbegehren gegen das von dem Penzberger Imam Benjamin Idriz geplante Zentrum für Islam in Europa München (Ziem) auf den Weg bringen zu können. „Wir wollen aber 40.000 sammeln, weil auch welche ungültig sein werden“, erklärt der ehemalige Pressesprecher der Strauß-Tochter Monika Hohlmeier, der 2011 aus der CSU ausgetreten ist.

Der wachsende Widerstand gegen das Ziem hat die Stadtverantwortlichen aufgeschreckt. In einem Brief „An die Münchnerinnen und Münchner“ warnt Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) vor den Aktivitäten der Islamkritiker. Bei den Unterschriftensammlungen würde es sich um „eine typische Strategie von Rechtsextremisten und Rechtspopulisten“ handeln. Da die Initiatoren mittlerweile durch das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet würden, bitte die Stadt „die Bürgerinnen und Bürger darum, sich gut zu überlegen, ob Sie dieses Bürgerbegehren mit ihrer Unterschrift unterstützen wollen“.

Ein Appell, der sich auch auf Handzetteln wiederfindet, die von der Stadtverwaltung herausgegeben wurden und auf denen ebenfalls der Verfassungsschutz erwähnt wird. Erstellt wurden die Schreiben von der Leiterin der Fachstelle gegen Rechtsextremismus der Stadt, Miriam Heigl. Sie hatte noch 2005 für die marxistische Zeitschrift Prokla geschrieben, die unter anderem als Kooperationspartner des Internetportals Linksnet auftritt, das wiederum mit diversen linksradikalen Antifa-Publikationen zusammenarbeitet. Auch an dem der JF vorliegenden Brief des Oberbürgermeisters wirkte Heigl mit. Im Briefkopf ist sie als zuständige Sachbearbeiterin aufgeführt.

Tatsächlich wird „Die Freiheit“ seit März vom bayerischen Verfassungsschutz wegen des Verdachts der Islamfeindlichkeit beobachtet. Für Stürzenberger eine Frechheit. Zumal der Staatsschutz die Beobachtung der Islamischen Gemeinde in Penzberg eingestellt habe. Dessen Imam Benjamin Idriz ist Initiator des Ziem. Der 41jährige war nach einem Bericht der ARD-Sendung „Report München“ in die Schlagzeilen geraten. Das Magazin hatte aufgedeckt, daß der Absolvent eines Scharia-Gymnasiums nicht wie von ihm angegeben einen Magister in islamischer Theologie an der Al Ouzai-Universität von Beirut erworben hatte. Ein weiterer Abschluß an einer islamischen Akademie in Frankreich sei staatlich nicht anerkannt, die Akademie verbreite zudem einen radikalen Islamismus.

„Ich stelle eine hohe Naivität fest – manche wollen nicht wahrhaben, was sich hier hinter den Kulissen abspielt“, hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) vor Idriz und den Ziem-Bestrebungen noch vor einem Jahr gewarnt. „Jetzt wirft der Minister uns plötzlich Verfassungsfeindlichkeit wegen Islamfeindlichkeit vor“, empört sich Stürzenberger, dessen Partei rechtlich dagegen vorgehen will.

Auch der Vorsitzende der Münchner Senioren-Union, Reinhold Babor, einst entschiedener Ziem-Gegner, ist umgeschwenkt. So habe Babor nach einem gemeinsamen Besuch mit Mitgliedern der CSU-Stadtratsfraktion in der Islamischen Gemeinde Penzberg seine Bedenken aufgegeben. Für Stürzenberger ein weiterer Grund, das Bürgerbegehren voranzutreiben. Zweimal die Woche steht er mit seiner Partei in der Münchner Innenstadt. Und wird von der Stadt mit scharfen Auflagen torpediert. Bei seinen Reden dürfe der Geräuschpegel nicht höher als 85 Dezibel ausfallen. Sorgen Gegendemonstranten für mehr Lärm, trage er auch dafür die Verantwortung, hätten ihm Polizeibeamte zu verstehen gegeben. Eine weitere Auflage: Alle zehn Minuten muß Stürzenberger seine Ansprache für ebenfalls zehn Minuten unterbrechen.

Die Fraktionen im Stadtrat haben für den Ziem-Bau längst grünes Licht gegeben. Unklar sind jedoch Standort und Finanzierung des Projekts. Maßgeblicher Geldgeber ist das Emirat Katar. „Da spielen dann auch wirtschaftliche Interessen eine Rolle“, vermutet Stürzenberger als Grund für das Einknicken der CSU.

Foto: Michael Stürzenberger in Aktion: „Ich stelle eine hohe Naivität fest“

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