© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/13 / 30. August 2013

Umwelt
Grüner Schatten
Heiko Urbanzyk

Darf ein Baum gefällt werden, der Solarzellen auf einem Hausdach in Schatten hüllt? Der Gesetzgeber schweigt sich zu dieser Gretchenfrage des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) aus. Die baumschützenden Satzungen und Verordnungen der Gemeinden sehen „für solche Fälle keine speziell ausformulierten Ausnahme- oder Befreiungstatbestände“ vor, konstatiert der Jurist Jörg-Michael Günther im Fachblatt Natur und Recht. Der Ministerialrat legt damit eine weitere Stilblüte der Energiepolitik offen. Im Kampf Photovoltaik gegen Bäume bewegen sich die Betroffenen im rechtlichen Schattenbereich. Ist ein Baum ein Naturdenkmal oder durch eine kommunale Regelung geschützt, darf der Eigentümer diesen sogar auf seinem Grundstück nicht einfach fällen. Es droht juristischer Ärger mit der Gemeinde.

Nur zwei veröffentlichte Gerichtsurteile gibt es bislang zu diesem Problem. Fällungen zugunsten von Photovoltaikanlagen werden darin kategorisch abgelehnt. Günther fordert jedoch, die Solarenergie müsse Vorrang vor einfachem Baumschutz haben: Wenn ein „Durchschnittsbaum“ oder gar ein alter, kranker Baum klimaschützende Technik blockiere, „kann dies die Akzeptanz solcher Naturschutzinstrumente beim Bürger unterhöhlen und sogar kontraproduktiv für den Umweltschutz sein“. Es gelte der Grundsatz „Baurecht bricht Baumrecht“. Im Denkmalschutzrecht habe das Verwaltungsgericht Göttingen Solarenergie als vorrangig vor dem Erscheinungsbild einer alten Professorenvilla anerkannt. Vorrang hätten daher nur Bäume als Naturdenkmäler. Also Bäume fällen im Namen des EEG? Jein. Baum­ersatzpflanzungen sollen’s richten. Doch bis die groß geworden sind, ist das mit viel Energieaufwand und Umweltfrevel in China erzeugte Solarpanel längst zu teurem Sondermüll geworden.

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