© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/13 / 30. August 2013

Zeitschriftenkritik: Karfunkel
Die Bauern ernährten das Land
Werner Olles

Der Bauer, wie wir ihn heute anhand von Aufzeichnungen und Beschreibungen, Rechtsquellen, zeitgenössischen Erzählungen und Bildern kennen, ist weitgehend ein Konstrukt von Philosophen, die seit dem 11. Jahrhundert die Gesellschaft in den „Wehrstand“ der Ritter, den „Lehrstand“ der Geistlichkeit und den „Nährstand“ der Bauern einteilten. Dabei gab es eine große Bandbreite von Abstufungen, Zwischen- und Mischformen, die sowohl rechtliche als auch wirtschaftliche und soziale Aspekte umfaßte. So war die typische Form des bäuerlichen Daseins im Mittelalter das Leben in der Grundherrschaft, dessen Voraussetzung der Besitz von Land war. Das Land aber war die wichtigste Ernährungs- und Existenzgrundlage der mittelalterlichen Gesellschaft. Schätzungsweise 90 bis 95 Prozent der Gesamtbevölkerung lebte zur Zeit Karls des Großen auf dem Land, auf Höfen und in Dörfern, gegen Ende des Mittelalters waren es immer noch mehr als die Hälfte.

„Bauernleben im Mittelalter“, das Schwerpunktthema der aktuellen Ausgabe (Nr. 107, August/September 2013) von Karfunkel, der zweimonatlich erscheinenden „Zeitschrift für erlebbare Geschichte, Reenactment und Histotainment“, beschreibt, wie der „Nährstand“ die breite Basis der Gesellschaftspyramide bildete und damit die Voraussetzungen schuf, daß ein wachsender Teil der Bevölkerung sich anderen Aufgaben zuwenden konnte: dem Kriegswesen, der Seelsorge, Handwerk und Handel, Verwaltung, Kunst und Wissenschaft.

Doch waren von Ackerbau und Viehzucht, mithin von der Arbeit der Bauern, nicht nur diese selbst abhängig, sondern ebenso Adel und Klerus, die Burgen, Klöster und vor allem die aufkommenden Städte, in denen sich zunehmend mehr Menschen sammelten, die auf ein besseres Leben für sich und ihre Familien hofften. Allerdings bedeutete die Landflucht oft noch größere Armut, während der Alltag der Bauern zwar von harter Arbeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang bestimmt war, zu den Traditionen der Landbevölkerung jedoch auch Festtage wie die Sonnenwende, der Frühlingsanfang, Kirchweih, Hochzeiten, Beginn und Ende der großen Fastenzeit oder der Ernteabschluß mit Gelagen, Tanz und Gesang gehörten. Dann kam auf den Tisch, was im bäuerlichen Haushalt sonst eher Mangelware war: Fisch, Fleisch und Geflügel, Bier und Wein. Bei solchem Festschmaus konnte man den harten Alltag für eine Weile vergessen.

Der Beitrag „Eine kleine Kulturgeschichte der Hauskatze“ folgt den Spuren der Katze, die als Göttin verehrt und als Zauberin verfolgt wurde, bis sie schließlich den Rang einer Seelentrösterin erlangte. Neueste wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, daß die afrikanische Wildkatze (Felis silvestris libyca) die Ahnin aller Hauskatzen ist. Von den Menschen als nützliches Haustier entdeckt, machte sie sich als Mäuse- und Rattenfänger bei den ersten Bauern unentbehrlich und stieg einige hundert Jahre später im alten Ägypten sogar zur Gottheit auf. In Deutschland ist die Katze mittlerweile zum beliebtesten Haustier avanciert und hat damit den Hund abgelöst.

Kontakt: Karfunkel Verlag, 69483 Waldmichelbach. Das Einzelheft kostet 6,90 Euro, das Jahresabo 33 Euro.

www.karfunkel.de

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