© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/13 / 30. August 2013

Griechenland braucht weitere Milliarden-Hilfen
Schäubles Eingeständnis
Dirk Meyer

Forschungsinstitute, die Bundesbank oder der Währungsfonds IWF wußten es längst: Griechenland braucht weitere Milliarden. Deshalb hat Wolfgang Schäubles öffentliches Eingeständnis auch keinerlei Informationsgehalt. Zumal der Finanzminister bereits anläßlich des zweiten Hilfspaketes äußerte, daß es „möglicherweise“ nicht das letzte Mal sei, daß sich der Bundestag mit Finanzhilfen für Griechenland befassen müsse. Neu ist allenfalls das indirekte Eingeständnis der Wirkungslosigkeit bisheriger Hilfen – trotz des positiven griechischen Haushaltssaldos, denn der wurde ohne Einbezug der Zinslasten ermittelt.

Erst wurden die Banken gerettet, jetzt müssen sich die öffentlichen Kreditgeber selbst retten. Denn die Schulden in Höhe von etwa 300 Milliarden Euro liegen zu 90 Prozent bei den Rettungsschirmen oder der EZB, also beim Steuerzahler der Geberländer, somit haften letztendlich die Bürger. Bereits jetzt beträgt der Zinssatz der Griechenlandhilfen im Schnitt nur 2,3 Prozent und ist damit etwa gleichauf mit einer zehnjährigen Bundesanleihe, nur daß letztere als sicher gilt. Auch die Laufzeit der Rettungshilfen wurde bereits auf 2041 verlängert.

Dabei ist es gleich, ob wir von einem zweiten Schuldenschnitt oder einem dritten Hilfspaket reden. Ob weitere Zugeständnisse bei den Zinsen, eine Verlängerung der Laufzeiten oder neue Kredite, es läuft auf das gleiche hinaus, nämlich eine Verschiebung der Lasten in die Zukunft.

Doch aufgeschoben heißt nicht aufgehoben. Durch die Niedrigzinspolitik der EZB verlieren deutsche Sparer bei einem Nettogeldvermögen von 3.400 Milliarden Euro im Vergleich zu 2009 jährlich 70 Milliarden Euro an Zinsen. Das betrifft vornehmlich zukünftige Rentner, deren kapitalgedeckte Vorsorge dahinschmilzt. Die Zeche zahlt die junge Generation durch marode Schulen, Lehrermangel oder schlechte Studienbedingungen. „Leisten“ können sich die Hilfen eher die Alten: Renten, Gesundheitsversorgung und Pflege sind vorerst durch Bestandsschutz gesichert. Wenngleich gesetzlich verankert wie bei den Renten, so gibt es aufgrund des Wiederwahl­interesses der Parteien einen breiten Konsens zu einem – vorläufigen – politischen Bestandsschutz.

Der Riß der Rettungspolitik geht daher nicht nur durch die Staaten Europas. Die durch hohe Jugendarbeitslosigkeit und Auswanderung ausgezehrte junge Generation der Krisenstaaten erleidet folglich ein ähnliches, noch tiefgreifenderes Schicksal.

Jeder weitere Euro für Griechenland ist ein Spiel mit der Zukunft Europas. Deshalb kein drittes Rettungspaket für Griechenland, sondern ein Rettungspaket für die Währungsunion: Zurück zum Verbot des finanziellen Beistands sowie ein Austritt derjenigen Staaten, für die der Euro ein Problem darstellt.

 

Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ökonomie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg

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