© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/13 / 23. August 2013

Unterhaltung mit geistvollem Anspruch
Politisches Kabarett jenseits von Hildebrandt & Co: Ludger K. gastierte in der Bibliothek des Konservatismus
Christian Dorn

Der Deutsche ist ein schlechter Beobachter“, jedenfalls aus Sicht von Willy Hellpach (1877–1955) in dessen 1928 veröffentlichter Schrift „Politische Prognose für Deutschland“, einem Titel, der bislang noch nicht in der Bibliothek des Konservatismus gelistet ist. Der Politiker, Psychologe und Arzt Willy Hellpach zählt zu den geistigen Gefährten des Kabarettisten Ludger K., der dieser Tage sein neues Programm „Hilfe, ich werd’ KONSERVATIV!“ vorstellt, getreu dem berüchtigten Motto von „Schmidt Schnauze“: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“.

In der Bibliothek des Konservatismus präsentierte der Kabarettist vergangenen Donnerstag Kostproben aus seinem medienkritischen Programm „RTL ist ALLES schuld“. Sein neues Stück feiert am kommenden Samstag in dem legendären Berliner Kabarett-Theater „Die Wühlmäuse“ Premiere. Der dort zu erwartende Angriff auf die Bunte Republik Deutschland dürfte überraschen, wie bereits der Auftritt in der Bibliothek zeigte, der bei den etwa achtzig Gästen begeisterten Anklang fand.

Mit bitterbösen Spitzen gegen die politische Klasse und die fast durchweg politisch-korrekte Medienlandschaft, immer wieder eingebettet in ironisch-nachdenkliche Reflexionen, lieferte Ludger K. eine unterhaltsame Darstellung zum Thema Konservatismus, beginnt dieser doch bereits beim skeptischen Blick auf die fast totalitäre mediale Zumutung der Gegenwart, der wir uns kaum mehr entziehen können.

Wie ein Hoffnungsschimmer erscheint heutzutage das Nirwana des Testbilds aus jener Zeit, als nur drei Sender das Fernsehprogramm dominierten. „Damals hatte das Testbild die meiste Sendezeit – könnte heute wieder eingeführt werden“, so Ludger K.s Therapievorschlag.

Galt früher der Grundsatz: „Bevor wir was Falsches senden, senden wir gar nichts“, gelte heute das Gegenteil, wie Ludger K. anhand eines fiktiven „rechtsextremen“ Vorfalls im Ruhrgebiet demonstrierte. In der Geschichte folgte auf die zerbrochene Fensterscheibe einer Döner-Bude eine mediale Kettenreaktion: „Wenn dann der Plasberg eine Sendung macht – da gibt es ja kein Gesetz dagegen.“ Wirklich wichtige Informationen gingen in einem Wust von Nachrichten unter, während Fiktion und Realität eine immer größere Schnittmenge bildeten. Beispielhaft hierfür sei die Zunahme von Familienserien angesichts einer rapide sinkenden Zahl realer Familien. Das gleiche Paradox zeige sich in der Omnipräsenz von Kochsendungen oder im Bereich der Erotik: „Wir sind oversexed, aber underfucked.“

Das eigentliche Schmieröl der Medien sei das Mittel der Angst, die bei hehren Zielen besonders gut funktioniere. „Doch wenn wirklich Angst herrscht, wird nicht darüber berichtet“, wie das Beispiel Islam zeige. Die Realität spiegelte Ludger K. am Beispiel eines jungen Mannes vor einer Moschee, der Mohammed verunglimpft. Gänzlich anders als die hier zu erwartende Reaktion wäre die bei einem jungen Mann, der vor dem Kölner Dom ausruft: „Jesus ist doof“ – der Pfarrer käme heraus, vermutlich begütigend: „Junge, du hast recht.“

Im Rechthaben sind die Linken freilich Meister, sie werden überall geliebt. Als Konservativer, so die sarkastische Erkenntnis, bleibe das einzige Ereignis „zur Verbesserung der Außendarstellung nur der eigene Tod“. Während der Linke sich an „Imagine“ (John Lennon) orientiere, mache der Konservative looking – die Realität bestaunend. Da der Typus des Konservativen – im Wissen um sein Unwissen – eher diskussionsscheu sei, unterliege er strukturell dem Linken. Also hilft vorerst nur Ludger K. Er befriedigt sein Publikum mit dem rechten Blick des looking.

Mit seinem neuen Programm „Hilfe, ich werd‘ KONSERVATIV!“ tritt Ludger K. am 25. August um 20 Uhr in dem Berliner Kabarett-Theater „Die Wühlmäuse“, Pommern-allee 2-4, auf. Die Karten kosten zwischen 19, 50 Euro und 24,50 Euro. Kassentelefon: 030 / 30 67 30 11

www.ludger-k.de

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