© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/13 / 23. August 2013

Zeitschriftenkritik: Wiener Sprachblätter
Das Deutsche pflegen
Werner Olles

Den „richtigen Umgang mit der Englisch-Mode“ beschreibt Heinz Dieter Pohl im Schwerpunktthema „Der ‘amerikanische Traum’ – Über die Flucht aus der deutschen Sprache“ der aktuellen Ausgabe der vom 1949 gegründeten Verein „Muttersprache“ herausgegebenenWiener Sprachblätter, einer Vierteljahresschrift „für gutes Deutsch und abendländische Sprachkultur“. Dabei hält der Autor Englisch für durchaus wichtig, „eine solide Ausbildung in der Muttersprache jedoch (für) unentbehrlich!“ „Eigenes“ sei stets mit „Fremdem“ in Kontakt gekommen und habe sich dadurch verändert: „Sprachberührungen und Sprachaustausch waren immer etwas Natürliches und Ungezwungenes.“

Allerdings sieht Pohl einen Modetrend, englische Wörter und Wendungen in die deutsche Sprache einfließen zu lassen. Zudem mache sich heute vor allem in den deutschsprechenden Ländern die Tendenz breit, in wissenschaftlichen Publikationen und auch bei Tagungen und Konferenzen immer mehr das Englische zu verwenden. Dies sei „ein schleichendes Aufgeben der Rolle der deutschen Sprache“ und laufe auf eine „sprachliche Sich-Entäußerung“ hinaus, zumal auch in Österreich in manchen Gymnasien Englisch bereits als Unterrichtssprache verwendet werde.

Als Linguist wendet sich der Autor zwar gegen „sprachpolizeiliche Maßnahmen“, wie unter anderem in Frankreich, doch werde man mit der Devise: „soviel Englisch wie nötig, soviel Deutsch wie möglich!“ wohl leben können, ohne gleich der „Deutschtümelei bezichtigt zu werden. Immer noch sei für Europa die Sprachenvielfalt typisch und Englisch trotz seiner Geltung als Weltverkehrssprache europäisch gesehen – nicht nur geographisch, sondern auch nach der Sprecheranzahl sowie sprachtypologisch – eine Randsprache und bloß Nummer drei nach Russisch und Deutsch. Daher sei es erfreulich, daß sich gegen die übertriebene Förderung des Englischen in der EU zu Lasten der „kleineren“ Sprachen immer wieder Widerstand rege und das Deutsche als Bildungssprache in Osteuropa noch weit verbreitet sei. Europa habe mehrere Dutzend Sprachen, von denen einige kleinere bereits ausgestorben seien; andere seien im Aussterben begriffen. So sieht Pohl auch in jeder Sprache „ein Stück Menschheitsgeschichte“ und einen „Zeugen der Artenvielfalt auf Ebene der Sprache“.

Oswald Soukop beschreibt Entstehung, Zweck und Ziele des „Anglizismen-Index“, über den in österreichischen Medien heftig gestritten wird. Die „steigende Überflutung“ mit Anglizismen rufe bei sprachbewußten Menschen Unbehagen hervor, da die Verdrängung deutscher durch englische Wörter als Bedrohung empfunden werde. Da einheimische Meinungsbildner dieser Verdrängung Vorschub leisteten, gründeten sechs Sprachvereine aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Südtirol im September 1999 in Graz ein „Netzwerk Deutsche Sprache“ und beschlossen die Herausgabe eines Nachschlagewerkes, das schließlich als „Anglizismen-Index“ in Buchform erschien.

Kontakt: Verein „Muttersprache“. Fuhrmannsgasse 18-1A, 1080 Wien. Das Einzelheft kostet 6 Euro, das Jahresabo 25,50 Euro.

www.mutterspache.at

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