© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/13 / 23. August 2013

Dynamisch abgezockt
Abrechnungssystem DCC: Wer beim Bezahlen mit Kredit- oder Maestrokarten im Ausland den Euro wählt, der zahlt immer häufiger drauf / Deutsche Banken trifft keine Schuld
Jörg Fischer

Die Chinesen haben die Deutschen als Reiseweltmeister abgelöst. Mit umgerechnet 84 Milliarden Dollar Auslandsausgaben reichte es immerhin noch für Rang zwei. Die meisten zieht es dabei in Länder der Euro-Zone. Wer außerhalb davon die schönsten Wochen des Jahres verbringt oder wer einfach zum Tanken in die Schweiz, nach Polen oder in die Tschechei fährt, dem könnte bei der Rückkehr Ungemach drohen.

Auslöser des Ärgers ist die beim Bezahlen an der Supermarktkasse oder beim Geldabheben am Automaten oft auf englisch gestellte Frage: Möchten Sie in Euro oder in der Landeswährung – beispielsweise Dollar, Franken, Krone, Pfund, Yen oder Złoty – bezahlen? Wer dann Euro wählt, wird häufig gnadenlos abgezockt. Grund ist die neue Geschäfts­idee Dynamic Currency Conversion (DCC) – der vermeintliche Service einer sofortigen Währungsumrechnung.

Auch wer mit seiner deutschen Kreditkarte bei Internethändlern außerhalb des Euro-Raums einkauft, gerät immer öfter in die DCC-Falle. Das System erkennt automatisch an der Kartennummer, aus welchem Währungsgebiet der bezahlende Kunde kommt. Der DCC-Wechselkurs ist oft so phantasievoll, daß dem ausländischen Betreiber eine Marge (Markup) von bis zu zehn Prozent winkt.

Wer hingegen mit seiner Kredit- oder Maestrokarte (der früheren EC-Karte) in Landeswährung zahlt, wird nur mit einer Gebühr von ein bis zwei Prozent durch seine Hausbank belastet und ansonsten zum tagesaktuellen Devisenkurs abgerechnet. Die gelegentliche „Garantie für den besten Wechselkurs“ ist eine theoretische, denn wer will sich nach dem Urlaub mit „Best Rate Guarantee“-Rückforderungen herumschlagen?

Das DCC-Geschäft ist keine Erfindung, um speziell deutsche Touristen übers Ohr zu hauen. Es betrifft etwa drei Dutzend Währungen und auch ausländische Nutzer von Eurocard, Mastercard und Visa sowie Maestro-Geldkarten. Die auf V-Pay umgestellten EC-Karten sind bislang noch nicht überall betroffen. Deutsche Firmen können DCC ebenfalls nutzen – und so etwa die prall gefüllte chinesische Reisekasse anzapfen: „Bei jeder DCC-Transaktion profitieren Sie finanziell, da für diese Transaktionen ein geringeres Disagio wirksam wird“, heißt es in der Werbung. „Durch transparente Preise beweisen Sie eine hohe Service- und Kundenorientierung. Das sorgt für Vertrauen“ – dumm nur, wenn der Wechselkurs lediglich für den Verkäufer günstig ist.

Besonders perfide kann sich die folgende Grundeinstellung am Kassenterminal auswirken: „Findet innerhalb von 60 Sekunden keine Währungsauswahl statt, wird immer in Euro abgerechnet“, heißt es beispielsweise in einem DCC-Prospekt. Auch bei ausländischen Auto- und Hotelreservierungen, wo in der Regel eine Kreditkartennummer verlangt wird, kann die DCC-Falle zuschnappen, wenn der Kunde nicht ausdrücklich auf der Zahlung in Landeswährung besteht.

Inhaber eines Postsparbuches (oder des Nachfolgers Sparcard) waren schon zu D-Mark-Zeiten vor Wechselkurswucher sicher, sie konnten auf den ausländischen Postämtern immer gebührenfrei abheben. Doch der DCC-Servicetrick kann sie genauso treffen, wenn die Sparcard ins Lesegerät eingesteckt und der Euro als Abrechnungswährung akzeptiert wird.

Auch Sparfüchse, die Banken und Sparkassen mit ihrer Entscheidung für eine Direktbank ohne Filialnetz um liebgewonnene Millioneneinnahmen bringen, sind nicht vor der DCC-Falle gefeit: Mit den Kreditkarten von 1822direkt, Comdirect, DKB & Co. kann zwar im Ausland prinzipiell kostenlos Geld abgehoben werden. Doch das bezieht sich nur auf die fälligen Automatengebühren. Daß dabei durch DCC ein ungünstiger Wechselkurs gelten kann, ist nicht den in Deutschland ansässigen Direktbanken anzulasten. Die berechnen bei Fremdwährungen maximal zwei Prozent für den Auslandseinsatz.

Mit dem Abheben von ausländischem Bargeld an einem Geldautomaten im Ausland – und dem Bestehen auf Buchung in der jeweiligen Landeswährung – läßt sich DCC am einfachsten umgehen. Und es bleibt die Erkenntnis: Wer Euro wählt, wird gnadenlos abgezockt. Das gilt leider nicht nur für die Politik.

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