© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/13 / 16. August 2013

... ist verboten!
Grünes Programm: Vegetarisches P ichtessen in Kantinen, keine Erdbeeren im Winter, keine Plastiktüten – aber freie Geschwisterliebe. Claudia Roth und ihre Parteifreunde haben einen bizarren Kanon für den politisch korrekten Lebensstil aufgestellt. Eine Übersicht
(JF)

Der Kampf um den Mampf

Seit Jahren sprechen sich die Grünen für einen verpflichtenden Vegetarier-Tag in öffentlichen Kantinen aus. Als Fraktionschefin Renate Künast den rein pflanzlichen Ladenhüter jüngst noch einmal aufs Tapet hob, kochte die Volksseele – und goß ihren Spott über die Teller-Blockwarte aus. Der „Veggie-Day“ ist dabei nicht die einzige Bevormundung: Südfrüchte oder importierte Erdbeeren zum Beispiel soll es nur saisonal geben – wegen der schlechten Klimabilanz. Gentechnisch veränderte Nahrungsmittel gehören nach Meinung der Grünen selbstverständlich weder auf den Acker noch auf den Teller.

Eine grüne Dauerforderung ist auch die verbindliche „Ernährungsampel“, die dem mündigen Verbraucher leicht verständlich klarmacht, wo zuviel Fett, Salz oder Zucker lauern. Merke: „Bei Rot bleibe steh’n, bei Grün darfst Du geh’n!“

Ein Bannstrahl traf außerdem das beliebte Minidöschen für Kondensmilch; weil, so bemängelte die Spitzenkandidatin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, 2011 in ihrer Funktion als Kirchentagspräsidentin, diese „am Ende mehr Müll verursachen als überhaupt Kaffeesahne drin war“.

Bei Kindern sind sie besonders beliebt, bei den Grünen nicht: Cola und Konsorten. Im August 2012 forderte Renate Künast eine Ächtung von Limonaden auf Schulhöfen. Zudem sollten diese nicht mehr in den Bildungseinrichtungen verkauft werden dürfen. Eine Pointe am Rande: Obwohl die lieben Kleinen also offenbar zu unreif sind, selbst zu entscheiden, was sie trinken, soll nach Meinung der Grünen das Mindestalter für die Teilnahme an Bundestagswahlen wiederum auf 16 Jahre herabgesetzt werden.

 

Zwangsabgabe auf Plastiktüten

Im November 2011 sprachen sich die Grünen für eine Zwangsabgabe auf Plastiktüten in Höhe von 22 Cent pro Beutel aus. Sollte das nicht ausreichen, forderte die Partei ein europaweites Verbot.

Apropos Zwangsabgabe: Das Dosenpfand – eine Erfindung des damaligen grünen Umweltministers und jetzigen Spitzenkandidaten Jürgen Trittin – war ja ein voller Erfolg: denn die Quote für Einwegverpackungen bei Getränken, die man dadurch reduzieren wollte, ist stetig gestiegen (auf über 51 Prozent). Daher forderten Mitglieder der Grünen-Bundestagsfraktion 2012 die Erhöhung des Dosenpfands von 25 auf 40 Cent.

 

Ohne Rauch geht’s (fast) auch

Rauchen ist schädlich, Alkohol auch. Deswegen setzen sich die Grünen für das Verbot von Zigarettenautomaten ein, so geht es aus einem Antrag der Bundestagsfraktion vom Mai dieses Jahres hervor. In Nordrhein-Westfalen setzte die Partei das schärfste Rauchverbot Deutschlands in Kraft. Die Wirte reagierten prompt und erteilten zahlreichen Grünen-Politikern Hausverbot.

Verboten werden soll auch die Werbung für Alkohol. Dafür will man andererseits den Eigenkonsum und -anbau von Cannabis „legalisieren“. Für die Grüne Jugend sieht das dann so aus: „Mittelfristig soll der Verkauf aller Drogen wie Alkohol, Nikotin und Cannabis nur noch in lizenzierten Drogenfachgeschäften mit professionell geschultem Personal möglich sein.“ Und in Berlins Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg kapituliert die grüne Bezirksbürgermeisterin vor der Drogenszene im Görlitzer Park und fordert die Einrichtung von „Coffee-Shops“ nach niederländischem Vorbild.

 

Böse Meinungen gehören verboten

Licht ist zwar manchmal böse (siehe unter Lichtverbot), doch „die Grauzonen zwischen rechtskonservativer und rechtsextremer Ideologie wollen wir ausleuchten“, schreiben die Grünen in ihrem Wahlprogramm.

Worin sich diese Ideologie äußert? Unter anderem in „Islamfeindlichkeit“, in „sozialdarwinistischen Thesen“, in „Transphobie, Homophobie, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ oder in der „Diffamierung alternativer Jugendkulturen“. Neuen „rechten Sprach- und Denkweisen“ muß entgegengewirkt werden, sie „haben in unserem Land keinen Platz“. Basta.

 

Motorrollerverbot

Schluß mit Röng-töff-töff: Wäre es 2010 nach der Grünen-Bundestagsfraktion gegangen, gäbe es bald kaum noch Motorroller auf den Straßen. Ab 2015 wollten die Grünen nur noch Roller zulassen, die rein elektrisch betrieben werden. Ältere Modelle sollten spätestens bis 2025 zwangsweise aus dem Verkehr gezogen werden.

Logisch daher, daß die Grünen in der Hamburger Bürgerschaft das traditionelle Oldtimerrennen im Stadtpark verbannen wollen. Denn der Lärm belästigt Natur und Mensch, anders offenbar als das sogenannte Schanzenfest, bei dem „Autonome“ alljährlich Teile von Sankt Pauli verwüsten. Aber man kann ja nicht alles verbieten ...

 

Aber: Kein Inzest-Verbot

Nein, die Grünen sind keine reine Verbotspartei. Denn manches, das bisher verboten ist, sollte nach ihrer Meinung erlaubt werden. Zum Beispiel Sex unter Geschwistern. „Mit dem Inzestverbot greift der Staat massiv in das Privatleben und das Selbstbestimmungsrecht seiner Bürger*innen ein“, kritisierte Marie Rechthaler, Sprecherin der Grünen Jugend Augsburg, im Juli 2012. Die Abschaffung des Inzestverbots (Paragraph 173 StGB) sei längst überfällig. Dieser Meinung ist auch der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele.

Doch auch andere „Praktiken“ sind vor grüner Einmischung nicht gefeit: Seit Jahren fordert die Partei ein Verbot von Weichmachern in Sex-Spielzeug. Experten kamen allerdings zu dem Schluß, daß eine Nutzung von zehn Stunden in der Woche ungefährlich sei.

 

Schluß mit der Klassengesellschaft

Die Einteilung in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft gehört nach Meinung der Grünen verboten, egal ob auf der Reise oder beim Arzt. So soll die 1. Klasse bei der Deutschen Bahn abgeschafft werden. Denn: „Es geht nicht, daß sich nur exklusive Leute exklusive Angebote leisten können, wir fordern Komfort für alle“, ließ sich ein Sprecher der Grünen Jugend in Kiel zitieren und bekam dabei Unterstützung von der Landespartei. Und im Wahlprogramm fordert die Bundespartei das Ende der privaten Krankenversicherung. Unter dem Motto „Eine für alle statt jede/r für sich“ strebt man die „grüne Bürgerversicherung“ an.

Und daß Wohnungseigentümer frei darüber entscheiden können, was sie mit ihrem Eigentum machen, paßt manchen Grünen nicht. So setzte der für Stadtentwicklung zuständige Bezirksstadtrat des Berliner Bezirks Pankow, Jens-Holger Kirchner (Grüne), ein weitgehendes Renovierungsverbot durch. Verboten wurde etwa der Einbau von Fußbodenheizungen und Innenkaminen.

 

Schön ist schlecht

Schönheit ist verdächtig. Und Miss-Wahlen diskriminieren – nämlich die weniger hübschen Mädchen. Marianne Burkert-Eulitz, Sprecherin für Kinder, Jugend und Familie von Bündnis 90/Die Grünen, forderte daher im März dieses Jahres, solche Wettbewerbe künftig auch für weniger schöne Damen zu öffnen und diese nicht auszugrenzen. Passend dazu heißt es im grünen Wahlprogramm, es werde mit „zum Teil eher subtil sexistischer Werbung“ ein Schönheitsideal für junge Menschen aufgebaut. Dagegen sei „ein gesellschaftlicher Verständigungsprozeß erforderlich, der für körperliche Vielfalt sensibilisiert und Sexismus in den Medien ächtet“.

 

Kohle, Öl, Stand-by – alles verboten

„Wir müssen unsere Konsumgewohnheiten und Lebensstile ändern“, stellen die Grünen in ihrem Wahlprogramm fest, „um die ökologischen Grenzen unseres Planeten nicht zu verletzen“. Das „kann durch das Setzen fester Obergrenzen für Ressourcenverbrauch oder Emissionen erreicht werden.“ Bevor aber wie anno dunnemal wieder rationiert wird, muß erst noch verboten werden. Und zwar Ölheizungen (bis 2015), dann Kohle (Ausstieg bis 2030).

Apropos Verbrauch: Der rot leuchtende Knopf an vielen Elektrogeräten brachte Renate Künast 2007 um den Schlaf. Also schlug sie schon 2007 ein Verbot des Bereitschaftsmodus von Elektrogeräten vor. Begründung: der Klimawandel.

 

Glühbirnen-, Heizpilz- und Lichtverbot

Schon lange bevor die EU der alten Glühbirne den Garaus gemacht hatte, sprachen sich die Grünen für ein Verbot aus. „Wenn das nicht klappt, wäre auch ein gesetzliches Verbot denkbar“, hieß es von den Grünen schon 2007. Heute werden fast nur Energiesparlampen verkauft, die hochgefährliches Quecksilber enthalten. Der Umwelt zuliebe.

Berlin, Wiesbaden, Potsdam, Leipzig – deutschlandweit setzen sich Grüne Ratsfraktionen für das Verbot von Heizpilzen vor Gaststätten und Bars ein. Denn die Wärmespender seien eine Technologie, „deren Fortbestand nicht wünschenswert ist“, heißt es etwa bei den Potsdamer Grünen.

Licht ist schädlich. Irgendwie zumindest. Deswegen forderte die Grüne Jugend 2009: „Keine nächtliche Beleuchtung von geschlossenen Geschäften!“, „Keine nächtliche Beleuchtung von sonstigen Bauwerken“, „Keine Leuchtreklame an geschlossenen Geschäften“. Wichtig war dem Grünen-Nachwuchs dabei jedoch, daß dabei auf die „Genderverträglichkeit“ geachtet wird.

 

Schwanz-ab-Verbot

Diejenigen zu schützen, die sich nicht selbst wehren können, ist eine vornehme Sache. Allerdings messen die Grünen dabei mit zweierlei Maß: So fordern sie im Wahlprogramm ein Verbot, Nutztieren die Schwänze zu kupieren, die Schnäbel zu stutzen oder mit Brandzeichen zu markieren. Andererseits stellen sie einige Seiten zuvor klar: „Frauen müssen über ihre Schwangerschaften frei und ohne Kriminalisierung entscheiden können.“ Zugespitzt: Ein Ferkelschwanz muß dranbleiben, ein ungeborenes Kind kann weg ...

Sollten aber doch Kinder da sein, müssen sie wenigstens vor der Glotze geschützt werden. Also Schluß mit Werbung für Süßigkeiten und andere auf den kindlichen Konsumenten abzielende Produkte: „Das aggressive Werbegeschäft gegenüber Kindern bis zwölf Jahren gehört verboten“, sagte Renate Künast 2010.

 

Waffenverbot

Ganz oben auf der Verbotsliste der Grünen stehen Waffen; legale, wohlbemerkt. Schützen sollen nur noch mit Luftgewehren in ihren Vereinen schießen dürfen, scharfe Waffen seien für diesen Sport unnötig, forderte Claudia Roth bereits 2009. Und ihr Co-Vorsitzender Cem Özdemir sprach sich 2012 für ein totales Schußwaffenverbot in Privathaushalten aus.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen