© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/13 / 09. August 2013

Schuldgefühle, Liebe und Haß
DVD: Der Psychothriller „Wrong Identity“ überzeugt
Werner Olles

Im klassischen Psychothriller ist die kalte, nach Reichtum, Macht und Vergnügungen süchtige Frau, die die Verführung mehr beherrscht als sie zu leben, eine häufig variierte Figur des Genres.

Iain Softleys „Wrong Identity – In der Haut einer Mörderin“ (2013) beginnt noch wie ein konventioneller Thriller mit der Andeutung einer gefährlichen Wandlung, dem Heraustreten aus einer Identität in eine andere. Eine junge Frau (Tuppence Middleton) erwacht mit starken Brandverletzungen im Krankenhaus und kann sich nicht mehr an ihre Vergangenheit erinnern. Sie erfährt, daß ihr Name Michele ist und sie bald das riesige Vermögen ihrer verstorbenen Tante Eleonore erben wird. Nur bruchstückhaft kehrt ihre Erinnerung zurück. So wohnte sie zuletzt mit Domenica (Alexandra Roach), ihrer besten Freundin aus Kindertagen, gemeinsam in London. Die beiden ungleichen jungen Frauen – Michele ist attraktiv und wird von Männern umschwärmt, während Domenica unscheinbar und schüchtern ist und zudem ihre Freundin liebt – werden von Julia (Kerry Fox), der Betreuerin Eleonores in deren luxuriöses Strandhaus eingeladen. Die unbeschwerten Ferientage enden abrupt, als eines Nachts die Villa in Flammen aufgeht und nur eine der Freundinnen überlebt. Doch wer ist die wahre Überlebende des schrecklichen Unglücks? Michele oder Domenica? Und war es wirklich ein Unglück? Langsam, ganz langsam kommt die Erinnerung wieder und mit ihr ein entsetzlicher Verdacht.

Der Hitchcock-Verehrer Iain Softley baut die Spannung zwischen den Schock-Momenten eher behutsam auf, so daß die überraschenden Wendungen der Intrige nie als bloße Überrumpelungen erscheinen. Fast noch spannungsgeladener als die Auflösung des Rätsels ist jedoch das sadomasochistisch geprägte Zusammenleben der beiden jungen Frauen mit seiner Kombination aus Schuldgefühlen, Liebe, Haß und gegenseitiger Abhängigkeit. „Wrong Identity“ ist zum einen ein Bild-Essay über unterdrückte Sinnlichkeit, vor allem aber ein Thriller, der kriminalistische Würze ins psychologische Spiel bringt und sich dabei schnörkellos auf die Katastrophe zubewegt.

DVD: Wrong Identity – In der Haut einer Mörderin. Universum Film, München 2013, Laufzeit etwa 96 Minuten

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