© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/13 / 09. August 2013

„Die Bösen sind weiß, christlich und rechts“
„Schule ohne Rassismus“: Broschüre stößt auf Kritik
Lion Edler

Weder rechts noch links, noch in der Mitte“ wolle man stehen, heißt es auf der Netzseite von „Schule ohne Rassismus“. Das finanziell vom Staat unzerstützte Netzwerk, dem über 1.200 Schulen angehören, wendet sich nach eigener Aussage „gegen jede Form von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt“. Um in das Netzwerk aufgenommen zu werden, müssen sich mindestens 70 Prozent aller Lehrer und Schüler der betreffenden Schule schriftlich verpflichten, sich aktiv gegen Rassismus einzusetzen und regelmäßige Projekttage zum Thema zu veranstalten.

Doch was unter „Rassismus“ genau zu verstehen ist, ist nicht immer ganz eindeutig. „Rassistisches Denken und Handeln“ sei nicht nur ein Problem des Rechtsextremismus, sondern „in der Mitte der Gesellschaft tief verwurzelt“, schreibt das Schulnetzwerk in einer neuen Broschüre, die für harsche Reaktionen sorgt. Das Heft thematisiere „nur die Vorurteile gegen Zuwanderer“, kritisiert der Publizist Alan Posener in der Welt. „Die Bösen sind weiß, christlich und rechts; die Guten nichtweiß, islamisch und links“, ätzt der Journalist.

Denn das Heft bezeichnet das Jahr 1492 als „Gründungsjahr des Rassismus der Neuzeit“, weil damals Muslime und Juden von der Iberischen Halbinsel vertrieben wurden und die Eroberung Amerikas begann. Posener weist darauf hin, daß Juden und Christen bereits zuvor im islamisch beherrschten Spanien zu tributpflichtigen Bürgern zweiter Klasse gemacht wurden, und daß „es die Araber waren, die den Sklavenimport aus Afrika erfanden und dreizehn Jahrhunderte lang praktizierten.“ Dies werde ebenso verschwiegen wie die Tatsache, daß Schwarze von Arabern aus rassistischen Gründen kastriert worden seien, weshalb keine schwarzen Minderheiten in den entsprechenden muslimischen Ländern entstanden. „Ein Völkermord gewaltigen Ausmaßes“, so Posener, der jedoch „nicht groß genug“ sei, um in dem Heft erwähnt zu werden.

„Schule ohne Rassismus“ verteidigte sich gegen die Vorwürfe. Man habe sich vor dem Erscheinen der Broschüre „intensiv mit dem Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus unter Einwanderern in Deutschland beschäftigt“, teilt die Initiative mit. Das Netzwerk beteuert, es nehme „den Antisemitismus oder die Homophobie eines (alt)deutschen Jugendlichen genauso ernst wie den eines Jugendlichen mit türkischen oder arabischen Wurzeln“. Poseners Kritik richtet sich indes gar nicht gegen die Arbeit des Netzwerks insgesamt, sondern gegen das „schlecht recherchierte, schlecht geschriebene und ideologisch fragwürdige Heft“. Einige Facebook-Kommentare auf der Seite von „Schule ohne Rassismus“ zeigten indessen, daß manche Unterstützer der Initiative den Rassismus als Einbahnstraße sehen. Wer der Meinung sei, daß es „antieuropäischen Rassismus“ überhaupt gebe, der habe „nicht verstanden, worum es geht“, ereifert sich eine Kommentatorin. Posener keilt zurück: „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf?“

Überhaupt erstaunt es, mit welchen Themen sich die Facebook-Seite beschäftigt. Der Fall Thilo Sarrazin habe „die UN wachgerüttelt“, schreibt „Schule ohne Rassismus“ in Bezug auf die Forderung eines Gremiums der Vereinten Nationen, strafrechtliche Ermittlungen gegen den ehemaligen Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) wegen dessen integrationspolitischen Äußerungen einzuleiten. Daß Helmut Kohl vor Jahrzehnten die Zahl der in Deutschland lebenden Türken durch finanzielle Anreize zur Ausreise halbieren wollte (siehe Artikel auf dieser Seite), ist für die Initiative ein Beleg für das damalige „integrationsfeindliche Klima“. Doch warum äußert sich eine Initiative, die doch nur für Diskriminierungen zuständig ist, über Einwanderungspolitik? Und warum verlinkt die Seite auf ein Youtube-Video zum Thema „Überwachungsstaat“, das behauptet, das konservativ regierte Ungarn sei derzeit auf dem Weg in eine „Diktatur“?

Ist „Schule ohne Rassismus“ womöglich doch nicht „weder rechts noch links, noch in der Mitte“, sondern im Zweifel eher links? Dafür spricht die personelle Zusammensetzung, die die Initiative auf ihrer Netzseite auflistet. Dort finden sich etwa eine ehemalige Funktionärin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), ein ehemaliger Referent der sozialistischen Jugendorganisation „Die Falken“ und eine „Gender“-Forscherin.

Leiterin von „Schule ohne Rassismus“ ist die Pädagogin Sanem Kleff. 2008 war Kleff presserechtlich für eine mit Steuergeldern mitfinanzierte Schülerzeitung verantwortlich, die missionierende evangelikale Christen mit gewalttätigen Islamisten verglich. Der Chef der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, mußte sich nach einem Geleitwort für die Schülerzeitung distanzieren.

Auch die Geldgeber von „Schule ohne Rassismus“ lassen aufhorchen. Finanziert wird die Initiative unter anderem vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Seit Mitte 2009 unterstützte das Ministerium „Schule ohne Rassismus“ mit durchschnittlich 47.000 Euro im Jahr, teilte eine Sprecherin auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit.

www.schule-ohne-rassismus.org

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