© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30-31/13 19. Juli / 26. Juli 2013

Haltungsnote
Den Trend umgekehrt
Ronald Berthold

Deutsche Musik ist in. Überall boomen Texte in einer Sprache, die musikalisch vor kurzem noch als spießig galt. Hartnäckig haben junge Bands und Sänger von Flensburg bis Bozen den Trend umgekehrt. Ob das frische Angebot die Nachfrage gesteigert hat oder ob mit der deutschen Hitwelle eine Sehnsucht gestillt wird, ist so, als frage ein Kind, ob nun Henne oder Ei zuerst da war. Das eine wäre ohne das andere nicht denkbar.

Sehen wir hier mehr als eine Mode? Steckt hinter dem Bekenntnis zur deutschen Sprache auch eine Rückkehr konservativer Werte? Klar. Hören wir einfach mal dem Stern am Musikhimmel Alina Süggeler zu. Mit ihrer Band Frida Gold erreichte die 28jährige vergangene Woche erstmals Platz eins der deutschen Album Charts. So bodenständig wie der Titel „Liebe ist meine Religion“ sind auch ihre gesellschaftlichen Ansichten. Unbekümmert enttabuisiert die Sängerin zunächst die abendländische Religion: „Jesus ist Menschen mit Liebe begegnet, an genau diese Geschichte will ich glauben.“ Nichts da mit der Häme, wie sie eine alternde Generation von Sängern und Kabarettisten pflegt.

Deutsch als Mode? Kompletter Quatsch! Bei englischen Texten habe ihr „ganz schnell das Detailverliebte in der deutschen Sprache, die Möglichkeit, Dinge ganz nah zu formulieren, total gefehlt“, bekennt Alina Süggeler: „Über diesen Umweg hab ich die Leidenschaft zum Deutschtexten wiedergefunden.“ Leidenschaft und Deutsch in einem Atemzug, da mag mancher Gutmensch Schnappatmung bekommen.

Endgültig genug dürften Claudia Roth und Co. von der jungen Künstlerin haben, wenn es um ein anderes vermeintliches Thema von vorvorgestern geht: „Eine Familie zu gründen ist das, wofür wir auf dieser Welt sind. Daran glaube ich.“ Und wir glauben an Dich, Alina.

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