© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/13 / 12. Juli 2013

Haltungsnote
„Die Diktion hat mir nicht gefallen"
Christian Rudolf

Wer kennt ihn nicht! Unser Turner-As der Siebziger Eberhard Gienger, den 36maligen Deutschen Meister! In der Königsdisziplin am Reck, der von Turnvater Jahn eingeführten waagerechten Stange, errang er seine größten und schönsten Erfolge. Mit einem Wunder an Körperbeherrschung, Kraft und graziler Gelenkigkeit wurde Gienger 1974 an seinem Paradegerät Weltmeister. Der heute 61jährige dürfte damit wohl der sportlichste Bundestagsabgeordnete der Geschichte sein. Nach ihm erhielt sogar ein Flugkunststück am Reck den Namen Gienger-Salto.

Ein breites Kreuz und eine kerzengerade Wirbelsäule hat sich der dreifache Europameister auch nach seinem Eintritt in die Merkel-CDU 2001 bewahrt. Die in der Politik üblichen Meinungssalti sind seine Sache nicht. An einer „Menschenkette gegen Rechts" in seinem Wahlkreis Neckar-Zaber nahm er absichtlich nicht teil. Als Evangelischer schätzt er Prozessionen ohnehin nicht sonderlich, mit den polit-korrekten Bußwallfahrten unserer Tage kann er schon gar nichts anfangen. Die vom SPD-Wahlkreiskonkurrenten fürs vergangene Wochenende initiierte Gutmenschenparade zwischen Heilbronn und Bietigheim-Bissingen sollte ein „deutliches Zeichen für mehr Offenheit, Toleranz" et cetera pp. für die „Menschen in unserem Land" setzen.

Anders als die FDP sagte die örtliche CDU nein zu dem peinlichen Bündnis linker und linksextremer Organisationen und erkannte auf ein wahltaktisches Manöver von Grün-Rot. Gienger eierte beim Begründen gar nicht erst herum: „Procedere und Diktion haben mir nicht gefallen: ‘gegen rechts’ statt gegen Rechtsextremismus." Statt dessen besuchte der dreimalige Wahlkreisdirektgewinner demonstrativ die THW- und Feuerwehr-Jugend. Alles wichtiger, als sich vor den linken Karren spannen zu lassen.

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