© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/13 / 28. Juni 2013

Umwelt
Karlsruher Auslegung
Heiko Urbanzyk

Fragen der Euro-Rettung dominieren derzeit die staatsrechtlichen Debatten. Doch welchen Beitrag leistet das Grundgesetz zum Umweltschutz? Dieser sei „eher mager“, befand der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, in der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht (1-2/13). Der Gesetzgeber habe trotz intensiver Diskussionen gerade kein persönlich einklagbares Grundrecht auf Umweltschutz geschaffen, sondern nur die Staatszielbestimmung Umweltschutz über den Artikel 20a eingefügt. Das Verfassungsgericht habe „trotz gewaltiger ökologischer und technischer Entwicklungen“ bisher kein neues Grundrecht abgeleitet. Dabei zähle das Umweltrecht „zu den dynamischsten Rechtsgebieten überhaupt“.

Über 65 Prozent unserer Umweltgesetze entsprechen bereits Brüsseler Vorgaben.

Der Artikel 20a, wonach der Staat die natürlichen Lebensgrundlagen und Tiere schützt, ändere dies nicht. Er sei ein Rahmen, bei dessen Ausfüllung der Gesetzgeber weiten Gestaltungsspielraum habe. Sein Gericht wolle „nicht Vordenker eines konkreten Umweltschutzprogramms sein“, betont Voßkuhle. „Im Wege der Auslegung von Verfassungstexten lassen sich materielle Umweltstandards eben nur schwer gewinnen – auch wenn die Versuchung mitunter groß sein mag!“ Die Zurückhaltung von Parlament und Rechtsprechung mag auch woanders herrühren. Es überrascht nicht, daß „das Umweltrecht in erheblichem Umfang dem Einfluß des europäischen Rechts“ unterliegt: Über 65 Prozent unserer Umweltgesetze entsprechen Brüsseler Vorgaben. Voßkuhle sieht es juristisch-nüchtern: „Über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Unionsrecht in Deutschland“ übe das Bundesverfassungsgericht „seine Gerichtsbarkeit nicht mehr aus“. Das aber ist bekanntlich Auslegungssache – und in Karlsruhe mit den Urteilen zu Maastricht, Amsterdam und Lissabon genauso entschieden worden.worden.ueberraschung.de

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