© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/13 / 28. Juni 2013

Dolce & Gabbana wegen Steuerhinterziehung verurteilt
Italienische Existenzfragen
Markus Brandstetter

Zwei Italiener treffen sich auf einen Aperitif. „Hast du gehört, jeder zweite soll jetzt wegen Steuerhinterziehung ins Gefängnis“, sagt der eine. Als der andere das hört, steht er auf und zahlt. Da ruft ihm der Kollege hinterher: „Warum hast du es denn so eilig?“ „Ich gehe heim Koffer packen, du warst ja schon eingesperrt.“

Wie viele Witze enthält auch dieser ein Stück Wahrheit. Steuerhinterziehung ist in bella Italia ein Riesenproblem – doch im Zuge der Euro-Krise stellt sich die staatliche Existenzfrage: 285 Milliarden Euro an Steuern, das entspricht 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wurden 2012 nicht bezahlt. Das soll die Steuerbehörde Agenzia delle Entrate rasch ändern. Bewerkstelligen wollen die Finanzämter das durch das im Januar eingeführte „Redditometro“. Das ist eine neue Methode, das Einkommen von denjenigen Bürgern zu ermitteln, denen es offensichtlich sehr gut geht, die aber laut Steuererklärung offiziell kaum Einkommen haben. Ein zweites Anzeichen für den Ernst, mit dem die Finanzgerichte nun Steuersünder verfolgen, ist ihre Bereitschaft, erstmals flächendeckend Gefängnisstrafen für Hinterzieher zu verhängen. Auch Beziehungen und Prominentenstatus sollen niemanden mehr schützen.

Diesen neuen Behördeneifer bekamen nicht nur Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi, sondern auch Domenico Dolce und Stefano Gabbana zu spüren. Die beiden sind die Chefs und die kreativen Köpfe des 1985 gegründeten Unternehmens D&G, das ihre Namen trägt. Mit 3.200 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 1,1 Milliarden Euro im Jahr 2012 ist Dolce & Gabbana nach Armani und noch vor Versace zum bedeutendsten italienischen Modekonzern aufgestiegen. Die Gewinne sprudeln, aber die Steuern in Italien sind hoch. Also verlagerte man von 2004 bis 2006 Aktiva über 250 Millionen Euro aus Italien nach Luxemburg.

Irgendwann kamen die Behörden den beiden smarten Designern auf die Schliche. Im Mai 2009 wurde Anklage wegen Steuerhinterziehung erhoben. Ziemlich genau vier Jahre später, am 19. Juni dieses Jahres, kam ein italienisches Gericht zu dem Schluß, daß D&G eine Milliarde Euro an Steuern hinterzogen hatte, als die Geschäftsleitung die Marke „Gado“ in den Besitz einer luxemburgischen Holding überführte. Dafür wurden Dolce und Gabbana nun zu einer Gefängnisstrafe von jeweils einem Jahr und acht Monaten verurteilt.

Ob sie diese jemals antreten müssen, ist allerding sehr fraglich. In Italien können Gefängnisstrafen bis zu drei Jahren durch Hausarrest oder durch gemeinnützige Arbeit abgebüßt werden. Überdies haben die beiden Designer die Möglichkeit, zweimal in Berufung zu gehen. Wird noch berücksichtigt, daß italienische Gerichte für jede Instanz Jahre benötigen, können Modebegeisterte getrost annehmen, daß ihre beiden Lieblinge nie ein Gefängnis von innen sehen werden.

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