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26/13 / 21. Juni 2013
Hammerschläge mit Weltgeltung
Grundstein für das Berliner Stadtschloß gelegt
Marcus Schmidt
Einmal anfassen. Der ältere Herr im blauen Jackett nimmt mit einem
entschlossenen Schritt die letzte Stufe auf das Podest, dann ist er am Ziel.
Langsam legt er beide Hände flach auf den großen Sandsteinblock und lächelt.
Eine halbe Stunde zuvor stand Bundespräsident Joachim Gauck an derselben Stelle
und hatte mit drei Hammerschlägen auf den Grundstein des Berliner Stadtschlosses
den Beginn des Wiederaufbaus besiegelt.
Rund tausend Gäste verfolgten am Mittwoch vergangener Woche in der Baugrube in
der Mitte Berlins die Zeremonie, mit der eine mehr als zwanzig Jahre dauernde
Diskussion über das Für und Wider einer Rekonstruktion des 1950 gesprengten
Barockbaus endete. „Der Wiederaufbau des Stadtschlosses zeigt, daß wir
historisch denken können und unserer patriotischen Pflicht nachkommen“, sagte
Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU). Und Berlins Regierendem Bürgermeister
Klaus Wowereit (SPD) war die Freude darüber anzusehen, daß die Stadt mit dem
sogenannten Humboldt-Forum auf Kosten des Bundes einen Museumskomplex mit
Weltgeltung erhält. Berlin, das seine Zentralbibliothek in dem Bau unterbringen
wird, beteiligt sich mit 32 Millionen Euro an den Baukosten in Höhe von 590
Millionen Euro. „Wir wissen alle, daß hier etwas gefehlt hat“, sagte Wowereit
und bekannte sich zu der geplanten historischen Fassade. „Die Sprengung des
Stadtschlosses war ein Frevel.“
Standhaft trotz Anfeindungen
Schweigend, aber in der ersten Reihe, verfolgte Wilhelm von Boddien den Festakt.
Der 71 Jahre alte Hamburger Kaufmann hatte den Anstoß für den Wiederaufbau
gegeben und über die Jahre trotz massiver Widerstände und persönlicher
Anfeindungen nicht aufgegeben. Als sein Name erwähnt wird, brandet Jubel auf. Ob
er jemals daran gezweifelt habe, daß das Schloß wiederaufgebaut wird? „Niemals“,
beteuerte von Boddien, ohne zu zögern.
Einst regierten die Hohenzollern vom Schloß aus das Land. Jetzt steht Prinz
Georg Friedrich von Preußen, der Chef des Herrscherhauses, auf der frisch
gegossenen Betonplatte, auf der das Stadtschloß neu errichtet wird, und blinzelt
in die Sonne. „Das ist ein ganz besonderer Tag. Es ist die Rückkehr der
Geschichte, auch der meiner Familie, in die Mitte Berlins“, sagt der 37 Jahre
alte Prinz. Einziehen möchte er hier dennoch nicht: „Wir haben zwar im Januar
Zwillinge bekommen – aber so groß ist unser Platzbedarf dann doch nicht.“
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