© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/13 / 21. Juni 2013

Zeitschriftenkritik: Terra Mater
Metropolen, die mitdenken
Werner Olles

Zukunftsforscher prognostizieren, daß sich im Jahr 2050 etwa 75 Prozent der Weltbevölkerung in Großstädten zusammendrängen. Da dieser Trend bereits heute an den großen Zuwächsen lateinamerikanischer, asiatischer und afrikanischer Metropolen sichtbar ist, zunehmend aber auch in Europa, wird nun dringend nach intelligenten Lösungen gesucht, um das drohende Chaos zu verhindern. Bei ihren Visionen für die Stadt von morgen lassen sich Stadtplaner und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen dabei vor allem von den neuen Möglichkeiten der Datenverarbeitung beflügeln. Am Beispiel der Millionenmetropole Singapur, die für die Forscher als Laboratorium dient, beschreibt die Reportage „Operation Smart City“ im Heftteil „Forschung“ der aktuellen Ausgabe (Juni/Juli 2013) des zweimonatlich erscheinenden Magazins Terra Mater, wie eine Großstadt, die mitdenkt, bereits heute funktioniert. Im Falle Singapurs erfaßt ein futuristisch anmutendes elektronisches Nervenkostüm rund um die Uhr nahezu alle Komponenten des modernen Lebens, sammelt und speichert diese, um sie dann auszuwerten. Auf diese Weise behält das „Intelligent Transport System Centre“ (ITSG) der staatlichen Verkehrsbehörde Millionen Bürger, Fahrzeuge, Straßen, Schienen, Wasserwege und selbst den Luftraum ständig im Auge. Dirigiert werden die Datenströme von Mitarbeitern, die in einem abgedunkelten Saal auf mehr als 50 Monitore und Computerschirme, angeordnet in einem meterhohen Wandmosaik, blicken, Darauf laufen die Videos und Meßdaten von über 3.000 Kameras und Sensoren, die über das gesamte Inselreich verteilt sind, zusammen.

Das alles klingt verdächtig nach George Orwell, doch in Wahrheit hat das weltweite Wettrennen um die erste funktionierende computergesteuerte Metropole längst begonnen. Immer knapper werdende Ressourcen wie Lebensraum, Energie und Wasser lassen angesichts der massenhaften Armutswanderungen in großstädtische Ballungsgebiete andere Lösungen offenbar nicht mehr zu, zumal eine verantwortliche Politik, die das Übel an der Wurzel packt, nicht in Sicht ist. Die Wahrscheinlichkeit, daß ehrgeizige Informatikunternehmen von der Verknüpfung von Computertechnik, Smartphones und Internet profitieren, ist demnach sehr hoch. Die Frage ist, ob sie damit im Idealfall eine „intelligente Stadt“ schaffen, die mitdenken kann, oder ein gigantisches Überwachungssystem, das zur Unterdrückung kritischer Bürger mißbraucht werden kann.

Doch auch die Natur gerät immer stärker in Bedrängnis. So ist der Lebensraum des asiatischen Löwen, dessen Reich sich einst vom Mittelmeer bis nach Zentralasien erstreckte, heute auf ein Schutzgebiet im indischen Bundesstaat Gujarat geschrumpft. Der Beitrag „Der letzte Kampf des Königs“ berichtet mit sensationellen Bildern über die letzte Zuflucht für fast 500 der majestätischen Raubkatzen und ihren dramatischen Überlebenskampf.

Kontakt: Red Bull Media Home GmbH. Oberst-Lepperdinger-Str. 11, A-5072 Wals bei Salzburg. Das Einzelheft kostet 7,90 Euro, ein Jahresabo 44,90 Euro.

www.terramatermagazin.com/

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen