© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/13 / 07. Juni 2013

Lockerungsübungen
Zeitverträge sind unzeitgemäß
Karl Heinzen

Die Zahl der Beschäftigten wächst, doch die SPD ist mit diesem Trend alles andere als zufrieden. Nahezu die Hälfte der Neuanstellungen der vergangenen Jahre dürfte nämlich auf der Grundlage von befristeten Arbeitsverträgen erfolgt sein, die, so die Kritik aus dem Willy-Brandt-Haus, unternehmerische Risiken auf das Personal verlagern. Sollte nach der Bundestagswahl ein rot-grünes Bündnis geschmiedet werden, könnte diesem Übel rasch abgeholfen werden. Nach den Vorstellungen beider Parteien sollen Zeitverträge dann nur noch zulässig sein, wenn für sie ein sachlicher Grund wie etwa eine Vertretungsregelung angeführt werden kann.

Zwar erwecken Peer Steinbrück und Jürgen Trittin mitunter den Eindruck, als wollten sie demonstrativ aus den Fußstapfen von Gerhard Schröder und Joschka Fischer heraustreten und die unter diesen gestärkte Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes wieder zähmen, da sie ihnen wie auch unseren europäischen Partnern unheimlich geworden ist. Hier trifft dies allerdings nicht zu.

Es ist kein Zufall, daß in erster Linie der Staat selbst durch eine rechtliche Einschränkung der Zeitarbeit zu einer grundlegenden Änderung seiner Personalpolitik gezwungen wäre. An Hochschulen und im Gesundheitswesen, in der Verwaltung und in öffentlichen Betrieben hat es sich eingebürgert, daß Berufseinsteiger nur noch mit Zeitverträgen unterkommen. Ausgelöst wurde dieser Trend keineswegs in der Ära Merkel, sondern durch die Reformen der einstigen rot-grünen Koalition, die auch dem öffentlichen Sektor freie Hand gegeben haben, bevorzugt befristet einzustellen.

In der Wirtschaft hingegen wären Zeitverträge allenfalls dann bedarfsgerecht, wenn sie dem alten Erfolgsmodell des Tagelöhners entsprächen. Mit den heute üblichen Laufzeiten sind sie bloß ein Anachronismus, weil sie den Beschäftigten vorgaukeln, ihr Arbeitgeber würde sie für eine solch lange Frist auf jeden Fall benötigen. Da sich unsere Wirtschaft dynamisch entwickelt, kann dies aber nicht mehr garantiert werden.

Die Planungshorizonte der Unternehmen werden immer kürzer. Wer heute jemanden einstellt, weiß nicht, ob er ihn in wenigen Wochen noch benötigt. Zeitgemäß sind daher allein unbefristete Arbeitsverträge, die es gestatten, einen Beschäftigten schnell und unkompliziert wieder loszuwerden.

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