© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/13 / 31. Mai 2013

Ein Admiral im Visier der „Killergroup“
Vor siebzig Jahren wurde ein US-Tötungskommando auf den japanischen Admiral Yamamoto Isoroku angesetzt / Sein Tod erschütterte das kriegführende Nippon
Wolfgang Kaufmann

Osama bin Laden war nicht der erste Staatsfeind der USA, der im Rahmen einer gezielten Tötungsaktion liquidiert wurde. Vor siebzig Jahren traf es bereits den japanischen Admiral Yamamoto Isoroku. Der Sohn eines ehemaligen Samurai, der 1915 wegen seiner bisherigen militärischen Leistungen vom angesehenen Yamamoto-Clan adoptiert worden war, hatte den Angriff auf Pearl Harbor geplant und galt den Amerikanern daher als die Inkarnation des hinterhältigen japanischen Aggressors, die ohne Wenn und Aber zur Strecke zu bringen sei.

Allerdings fehlte zunächst die Gelegenheit zu einer Racheaktion, da der Admiral außerhalb der Reichweite der US-Streitkräfte blieb. Das änderte sich erst nach der Schlacht von Guadalcanal, als Yamamoto gegen den Rat seines Stabes eine Inspektionsreise zu den Stützpunkten auf den Salomonen und Bougainville antrat, um die stark gesunkene Truppenmoral im Südpazifik zu heben. Der Flug dorthin führte nämlich teilweise über US-kontrolliertes Seegebiet. Von diesem brisanten Detail der Reiseplanung Yamamotos erfuhr der Marinenachrichtendienst der USA am 14. April 1943 durch die Entschlüsselung des hochgeheimen japanischen Funkspruches NTF 131755.

Daraufhin entschieden die beiden verantwortlichen Admirale Chester W. Nimitz und William F. Halsey, das Flugzeug des Oberbefehlshabers der Vereinigten Japanischen Flotten abschießen zu lassen. Am 17. April autorisierte Nimitz als Commander-in-Chief der Pacific Ocean Areas die „Operation Vengeance“, nachdem weder Marineminister Knox noch Präsident Roosevelt Einwände erhoben hatten. Der Plan sah vor, die acht Maschinen von Yamamotos Staffel am Folgetag beim Anflug auf Ballalae mit 18 P-38-Fernjägern abzufangen, wobei die besten vier Piloten die eigentliche „Killergroup“ bilden sollten. Tatsächlich trafen die beiden Verbände am 18. April morgens über der Küste der Insel Bougainville zusammen, worauf sich ein äußerst heftiger Luftkampf entspann, in dessen Verlauf die Mitsubishi G4M „Betty“ von Yamamoto mehrere Treffer erhielt, bei Moila Point in den Dschungel stürzte und dort explodierte. Yamamotos Leiche spürten japanische Truppen kurz nach der Attacke in der Nähe der Straße von Panguana nach Buin auf, wonach am 20. April eine Autopsie stattfand, bei der man mehrere Schußwunden an Kopf und Oberkörper feststellte. Das heißt, der Admiral war definitiv schon vor dem Aufschlag tot.

Nach der Liquidierung Yamamotos übten sich beide Seiten zunächst in Geheimniskrämerei: die Amerikaner, um nicht offenzulegen, daß sie den japanischen Marinecode geknackt und die Maschinen gezielt abgefangen hatten, die Japaner wegen der enormen Schockwirkung in den eigenen Reihen. Erst als die Urne mit der Asche des nunmehrigen Nationalhelden im Mai 1943 an Bord des Schlachtschiffs „Musashi“ in Yokohama eintraf, wurde Yamamotos Tod der Öffentlichkeit bekanntgegeben.

Zugleich stellte sich natürlich das Problem der Nachfolge, denn eine zweite Persönlichkeit von ähnlicher taktischer und strategischer Brillanz stand nicht zur Verfügung. Das wurde spätestens dann offenkundig, als sich die Militärführung für den konservativ-defensiv agierenden Koga Mineichi entschied und damit genau die Schwächung bewirkte, auf welche die Amerikaner gehofft hatten.

Es folgte am 5. Juni 1943 ein pompöses Staatsbegräbnis für Yamamoto, der inzwischen mit postumen Ehrungen überhäuft worden war: so ernannte ihn der japanische Kaiser zum Großadmiral und verlieh ihm den Chrysanthemenorden. Und auch Hitler ließ sich nicht lumpen und vergab das einzige Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern, das je an einen Nichtdeutschen ging. Nach der Zeremonie wurde die Asche Yamamotos zur Hälfte neben dem Grab von Admiral Togo, dem Helden des russisch-japanischen Krieges von 1904/05, bestattet. Die andere Hälfte fand in Yamamotos Heimatstadt Nagoaka ihre letzte Ruhe. Dort befindet sich heute ein Park, der an den Großadmiral erinnert und mit einer Büste versehen ist.

 www.dctp.tv

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