© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/13 / 24. Mai 2013

Hegemon des slawischen Großraums: Polens Europa-Diskurs bis 1939
Antiliberale Grundtendenzen
(ob)

Der polnische Antliberalismus der Zwischenkriegszeit tarnte sich in dem Wunsch, die 1918 neu gewonnene Souveränität durch Teilföderationen mit den Nachbarländern abzusichern. Vorlage für solche „zwischeneuropäischen“ Entwürfe war Friedrich Naumanns „Mitteleuropa“ (1916), nur ersetzte man in Warschau die deutsche durch die polnische Hegemonialmacht. Der bislang unzureichend erforschte polnische „Europa-Diskurs“ sei daher, wie Malgorzata Morawiec (Universität Mainz) in ihrer Studie über „Autoritäre Europakonzeptionen in Polen“ zwischen 1918 und 1939 ausführt (Zeithistorische Forschungen, 3/2012), chauvinistisch dominiert. Um die Position der Vormacht zu behaupten, glaubten polnische Eliten es nicht nötig zu haben, durch demokratische Reformen oder den liberalen Umgang mit ihren Minderheiten oder gar kooperativer Diplomatie werben zu müssen. Niemand zweifelte an der Akzeptanz der Führungsrolle Polens bei der erträumten Wiederbelebung einer multinationalen „Jagiellonischen Union“ als Vorstufe zu einer polnisch dirigierten Integration Europas. Den dabei konkurrierenden Varianten, Roman Dmowskis pro-westlich-nationalistischer „Föderation Mittteleuropas“ wie Józef Piłsudskis „slawischem Großraum zwischen Deutschland und Rußland“ sei die „antiliberale Grundtendenz“ gemeinsam gewesen.

www.zeithistorische-forschungen.de

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