© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/13 / 24. Mai 2013

Fortführung der DDR-Politik mit anderen Mitteln
Demographie: Eine Veranstaltung in Berlin nimmt die Situation der Familien in Deutschland unter die Lupe
Thorsten Brückner

Was der CDU fehlt, ist eine klare Kante!“ Zumindest bei der parteipolitischen Bewertung der Familienpolitik waren sich Zuschauer und Diskutanten auf dem Ersten Forum Familie der Initiative Familienschutz einig. Ausbaden mußte den Unmut über die Profillosigkeit in dieser Frage mit Thomas Dörflinger ausgerechnet einer der letzten CDU-Abgeordneten, der noch das Prädikat konservativ trägt.

Der Zeitpunkt der Tagung war von der Vorsitzenden Hedwig Freifrau von Beverfoerde gut gewählt. Am Vorabend des Internationalen Tages der Familie und parallel zum Demographiegipfel der Bundesregierung kamen in Berlin prominente Familienlobbyisten, darunter die Vorsitzende des Vereins Frau 2000plus, Birgit Kelle, und die stellvertretende Vorsitzende der Lebensschutzorganisation „Aktion Lebensrecht für alle“ (Alfa), Alexandra Maria Linder, zusammen, um über die Situation der Familie zu diskutieren. Kelle machte in ihrem Vortrag besonders auf den Gleichklang von Arbeitsmarkt- und Familienpolitik aufmerksam. Den Fachkräftemangel und die demographische Krise könnten Politik und Wirtschaft nur mit Frauen lösen. Dabei versuchten Wirtschaft und Politik zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Frauen sollten gleichzeitig Kinder bekommen und Vollzeit erwerbstätig sein. „Es geht nicht darum, was Familien wollen, sondern darum, was sie sollen“, beschrieb Kelle die Stoßrichtung der Familienpolitik aus ihrer Sicht. „Gleichstellungspolitik bedeutet heute, daß mir andere Frauen erklären, was ich als Frau zu tun habe“, ergänzte sie. Familien- und Arbeitsministerium, so Kelle, kämpften heute Hand in Hand für ein Recht auf Vollzeit. „Dabei galt noch vor zwanzig Jahren das Recht auf Teilzeit als eine Errungenschaft der Frauenbewegung.“

Ähnlich äußerte sich der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Demographie, Stefan Fuchs. Er betonte, daß es keinen Zusammenhang zwischen Frauenerwerbstätigkeit und Geburtenrate gebe und sprach der Vereinbarkeitsdebatte damit das wissenschaftliche Fundament ab. Gleichzeitig wies er auf einen von den Medien häufig verschwiegenen Trend hin. Zwar gehe das Hausfrauenmodell samt Einverdienerehe in der Tat zurück. „Aber auch die Vollzeiterwerbstätigkeit von Frauen hat in den vergangenen 20 Jahren abgenommen“, sagte er.

Aufschlußreich waren die Ausführungen von Tobias Teuscher, der als Sekretär der Parlamentarischen Arbeitsgruppe „Familie, Kinderrechte und Solidarität zwischen den Generationen“ im Europaparlament arbeitet. Die Gleichstellungspolitik der EU sei ebenso wie die Politik zur Angleichung der Lebensverhältnisse in der Union eine „staatlich geförderte soziale Unmündigkeit mit Glücksversprechen“. Zwar habe die EU gar keine Kompetenzen auf dem Feld der Familienpolitik. Jedoch nutze sie die Arbeitsmarktpolitik zur Durchsetzung ihrer gesellschaftspolitischen Vorstellungen. EU-Arbeitsrecht-Richtlinien würden keine Väter und Mütter kennen, nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Die Politik der EU erinnert Teuscher an diktatorische Regime: „Ich bin in der DDR groß geworden“, sagte er. „Die Strategie der EU in der Arbeitsmarktpolitik ist die Fortführung der DDR-Planungspolitik mit all ihrer Beratungsresistenz“. Der Kollektivierung der Kindererziehung, die das elterliche Erziehungsrecht immer mehr beschneide, wolle man, hier waren sich die Teilnehmer einig, mit echter Wahlfreiheit für Eltern entgegentreten, zu der auch das Betreuungsgeld gehöre.

Zweifel daran, ob diese Wahlfreiheit auch für andere Lebensmodelle gelten soll, kamen nicht nur am Ende der Veranstaltung auf, als der Einwurf einer Zuhörerin, man solle doch Kinderlose stärker besteuern, für Beifall auch auf dem Podium sorgte. Die Möglichkeit ,durch niedrigere Steuern für alle auch Entscheidungsfreiheit für alle herzustellen, wurde nicht diskutiert.

www.familien-schutz.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen