© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/13 / 24. Mai 2013

Hort der Freiheit
Familie: Mütter und Väter können es besser als der Staat – und sind sogar preiswerter
Birgit Kelle

Pünktlich zum internationalen Tag der Familie veröffentlichten die Herren der Zahlen vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden den Befund, daß nur noch die Hälfte aller Menschen in Deutschland in familiären Strukturen lebt. Der Einsiedler hingegen nimmt zu. Ein Abgesang auf die Familie, der zumindest in der Politik niemand zu stören scheint. Ganz im Gegenteil, das Aufbrechen „tradierter Rollenmodelle“ ist ja Programm.

Immer wieder melden sich frohlockende Stimmen aus allen Parteien mit der Botschaft, daß die traditionelle Familie ausgedient habe, daß die Zukunft den neuen Familienformen gehöre – wie auch immer diese gestaltet sind. Modern und fortschrittlich wird es genannt, daß wir alle nicht mehr so verhaftet sind in diesem altmodischen Vater-Mutter-Kind-Modell. Vielfalt oder auch „Diversity“ – das sind die Schlagworte.

Doch hat das eigentlich schon jemand bis zum bitteren Ende durchdacht? Wohin treibt unsere Gesellschaft, in der die bislang sicheren Strukturen einer traditionellen Familie zunehmend wegbrechen und durch neue, staatliche Strukturen ersetzt werden? Darauf läuft es ja hinaus. Tagesmutter statt Mama, „mehr Männer in Kitas“ statt Papa. Kochkurse an Schulen und Kindergärten statt heimischer Herd. Mehrgenerationenhäuser statt Großfamilie. Leihopa und Leihoma statt eigene Großeltern. Was auf der einen Seite wegbricht, muß an anderer Stelle mühsam und kostenintensiv neu errichtet werden. Warum aber fördern wir nicht das Original und vertrauen lieber auf einen Ersatz, der doch immer nur das bleiben wird, was der Name schon sagt: Ersatz.

Nicht zuletzt wird ja mit dem Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für jedes Kind ab dem ersten Lebensjahr nicht nur ein Recht geschaffen, sondern auch zunehmend eine Forderung an die Eltern ausgesprochen: Ihr sollt eure Kinder nach einem Jahr abgeben. Ihr haltet sie sonst von der wertvollen „Bildung“ fern. Also nahezu fahrlässig, sich selbst noch als Erziehungsdilettant, ehemals bekannt unter den altmodischen Begriffen „Mutter“ und „Vater“, um das Großziehen der Kinder zu kümmern.

Was für eine Gesellschaft wird das sein, in der Kinder nicht mehr individuell in den höchst verschiedenen Erziehungsstilen und Wertevorstellungen ihrer jeweiligen Familien groß werden, sondern im Einheitsbrei einer staatlichen Einrichtung? Ist dort noch Platz für konservative, freiheitliche oder gar christliche Werte? Der renommierte dänische Erziehungsexperte und Bestsellerautor Jesper Juul umschreibt diese gesellschaftliche Entwicklung mit den Worten: „Wir sind dabei, Reservate anzulegen: für die Kinder, für die Jugend und für die Alten.“ Auch Norbert Blüm, der für sein Engagement für die Familien am kommenden Samstag den Matejcek-Preis 2013 in Frankfurt verliehen bekommt, ging kürzlich in der Süddeutschen Zeitung hart ins Gericht mit dem modernen Familienbild, wo Kindheit nur noch unter staatlicher Erziehungsaufsicht stattfindet und Familie nur noch „für Übernachtung zuständig“ sei.

„Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muß man vor allem ein Schaf sein“, hat es Albert Einstein einst treffend formuliert. Aber wir wollen doch die Leitwölfe in unserer Gesellschaft, in der Wirtschaft, in der Politik – dennoch zwingen wir alle erst einmal in eine Herde, wo sie am besten funktionieren, wenn sie sich konform in die Gruppe eingliedern.

Wie viele Einsteins werden wir aus diesen Herden wohl zukünftig noch generieren? Und wie viele Sophie Scholls und Stauffenbergs, wenn wir jetzt also alle Kinder einheitlich nach DIN-Norm in Krippen, Kitas und Ganztagsschulen im Mainstream ausbilden? Paradoxerweise reden wir dabei ständig von „individueller Förderung“, die aber in Wahrheit nur dort stattfindet, wo Individualität noch zählt, wo sie ausgehalten wird anstatt zu stören, wo Talente entdeckt werden, weil es jemanden wirklich interessiert: in der Familie. Nur die Eltern lieben ein schwarzes Schaf immer noch, sehen in ihm immer noch etwas Gutes, auch wenn es nicht in die Norm paßt, oder gerade deswegen.

Es drängt sich der Gedanke auf, daß das Ganze System hat. Denn wohin es führt und was damit bezweckt wird, wenn der Staat die Erziehung von Kindern möglichst frühzeitig übernimmt, darf man sich als Anschauungsunterricht in den Geschichtsbüchern und in manchen noch existierenden Ländern gern ansehen. Es ist ja kein Geheimnis, daß es immer die totalitären Regime waren, die sich der Kinder bemächtigt haben. Um sie dem Einfluß ihrer Eltern zu entziehen und sie frühzeitig auf Staats-linie zu bringen. Warum haben sämtliche kommunistischen, sozialistischen Staaten genau dieses Konzept verfolgt? Die Antwort ist einfach: Weil es funktioniert.

Blumig umschrieben bekommen die traditionellen Familien nun immer vorgehalten, daß es ja laut einem afrikanischen Sprichwort ein ganzes Dorf brauche, um ein Kind großzuziehen. Ich würde den Familien gerne ab und zu an den Kopf schleudern: Ihr müßt stattdessen ein gallisches Dorf sein wie Asterix und seine Freunde: störrisch, unbeugsam, eigensinnig, uneinnehmbar, ganz egal, was Rom – oder eben Berlin – so alles von euch will. Denn nur die Familie ist der wahre Ort der Freiheit.

 

Birgit Kelle ist Journalistin und Vorsitzende des Vereins Frau 2000plus.

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