© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/13 / 24. Mai 2013

Einführung einer neuen Sperrklausel bei Europawahl
Oligarchen
Michael Paulwitz

Ist das dumm, dreist oder dummdreist? Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im November 2011 die Fünf-Prozent-Hürde für Europawahlen gekippt, und die etablierte Parteienoligarchie antwortet darauf nun mit – einer Drei-Prozent-Sperrklausel. Als ob die Wahlrechts- und Chancengleichheit plötzlich wieder gewahrt wäre, wenn die willkürlich gezogene Sperrlinie, unterhalb derer Wählerstimmen einfach unter den Tisch fallen – oder vielmehr: den erfolgreicheren anderen zugeschlagen werden, niedriger läge.

Die etablierten Parteien riskieren also, sollten sie dem Vorschlag ihrer Fachpolitiker folgen, eine weitere Klatsche aus Karlsruhe, nur um noch etwas länger ihre geschlossene Gesellschaft zu verteidigen. Freilich, das zugrundeliegende Urteil hat einen Schwachpunkt: Es unterscheidet zwischen dem Bundestag, dessen „Arbeitsfähigkeit“ durch „Zersplitterung“ gefährdet wäre, und dem Europaparlament, wo das anscheinend keine Rolle spielt.

Konsequent wäre es also gewesen, wenn Karlsruhe die Fünf-Prozent-Hürde generell gekippt hätte. Oder aber das höchste Gericht akzeptiert Sperrklauseln, legt aber gleichzeitig fest, daß die erfolgreichen Parteien nur so viele Parlamentssitze besetzen dürfen, wie es ihrem Anteil an der absoluten Zahl der Wahlberechtigten entspricht. Das wäre bitter für manchen Pfründenverwalter – und billiger für den Steuerzahler.

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