© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/13 / 17. Mai 2013

Altmodisch unterhaltsam
DVD: „Picknick“
Werner Olles

Im Melodram des großen amerikanischen Kinos der 1950er Jahre führte der Weg von der Sehnsucht nach Glückseligkeit in die Paradiese der eigenen – meist verbotenen – Träume. Was darauf zwingend folgte, war die Resignation, denn das Melodram ist immer eine säkularisierte, kleinbürgerliche Form der Tragödie, manchmal jedoch auch der Tragikomödie.

Neben dem Gefühl für das Leiden geht es dabei um die Wiederherstellung einer aus den Fugen geratenen Ordnung in der überschaubaren Welt einer Kleinstadt oder einer Familie, und es geht natürlich um Verzicht, um Verzweiflung, um ein Versprechen und um die Unmöglichkeit ewigen Glücks. Aber während die klassische Tragödie die herrschenden Ideologien souverän unterläuft, indem sie die Lage der Protagonisten pessimistisch beurteilt, kennt das Melodram auch die Tröstung seiner Helden, wenngleich die oft nur von kurzer Dauer ist. Wenn es aber doch zu einem Happy-End kommt, ist selbst dies letztlich nur der endgültige Beweis für den Sieg der Vorstellung über die Realität.

In Joshua Logans („Sayonara“, „Bus Stop“) Oscar-nominiertem Film „Picknick“ (1955) platzt der mittellose, unbekümmerte Herumtreiber Hal Carter (William Holden) als blinder Passagier auf einem Güterzug mitten hinein in das Labor-Day-Wochenende in einer idyllischen Kleinstadt in Kansas. Hal möchte im Getreidehandel der Familie seines ehemaligen Kommilitonen Alan (Cliff Robertson) eine gut bezahlte Arbeit finden, doch landet er zunächst im Haus der Familie Owens.

Während der gutaussehende Vagabund auf die sechzehnjährige intellektuelle Millie (Susan Strasberg) großen Eindruck macht, begegnet ihm die zwei Jahre ältere Madge (Kim Novak), die mit Hals Freund Alan verlobt ist, eher zurückhaltend. Nachdem Hals ehrgeizige Pläne, bei Alan eine Anstellung zu finden, gescheitert sind, kommt es auf einem Picknickfest zum Eklat.

Am nächsten Morgen entschließt sich Hal, die Stadt zu verlassen, und er bittet Madge, mit ihm zu kommen, da nur sie ihn wieder auf den richtigen Weg bringen kann. Ihre Mutter beschwört sie zu bleiben, da er nichts tauge und sie unglücklich machen werde, doch Millie gelingt es schließlich Madge zu überzeugen, ihm nach Tulsa zu folgen, wo er auf sie wartet.

„Picknick“ ist nicht nur eine intelligente Studie amerikanischer Lebensart, die mit ihrer treffsicheren und drastischen Ironie dem Hollywood-Melodram neue Impulse gab, sondern eine wohltuend altmodisch inszenierte Liebesgeschichte, die sich auf unterhaltsame Weise mit Borniertheit und Vorurteilen beschäftigt. Ansprechend besetzt mit einigen der besten US-Schauspieler, ist dieses pulsierende Drama großes Kino der Gefühle.

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