© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/13 / 17. Mai 2013

Keine Angst vorm schottischen Pfund
Großbritannien: Ein Jahr vor dem Unabhängigkeitsreferendum in Schottland wird auf dem Feld der Währungspolitik mit Haken und Ösen gekämpft
Josef Hämmerling

Ich empfehle, daß Schottland sich eine eigene Währung schafft, da ich überzeugt bin, es gibt uns mehr Flexibilität und mehr Freiheit. Es würde für uns größere Möglichkeiten in der Wirtschaftspolitik bedeuten.“ Mit diesen Worten heizte der Chairman der „Yes Scotland“-Kampagne, Dennis Canavan, die Diskussion über ein unabhängiges schottisches Pfund an, sollte sich die Mehrheit der Bürger Schottlands am 18. September 2014 für die Unabhängigkeit gegenüber dem restlichen Vereinigten Königreich aussprechen. Zwar ist derzeit Umfragen zufolge nur rund ein Drittel der Schotten für die Abspaltung von England, Wales und Nordirland, doch reicht dies aus, den britischen Schatzkanzler George Osborne zu einem heftigen Gegenschlag ausholen zu lassen. „Ich halte es für unwahrscheinlich, daß der Rest Großbritanniens eine Euro-ähnliche Währungszone mit einem unabhängigen Schottland zum Funktionieren bringt oder ihr wirklich zustimmt.“

Doch genau das, die Beibehaltung der bisherigen Währungsunion ist das Ziel der Scottish National Party, sollte sie im Herbst 2014 die Mehrheit erringen. Ursprüngliche Ideen, dem Euro beizutreten, wurden nach den jüngsten Turbulenzen in der Euro-Zone schnell fallengelassen. So sagte der schottische Finanzminister John Swinney auch zur Beruhigung der in dieser Beziehung nervösen Schotten: „Wir wollen nicht dem Euro beitreten, unsere Position ist es, das Pfund zu behalten und Teil einer Sterling-Währungszone mit dem Rest des Vereinigten Königreichs zu sein.“

Dem widerspricht zum Beispiel der Ökonom Jim Cuthbert. Er und viele andere Wirtschaftswissenschaftler weisen auf das Beispiel Norwegen hin, dessen Größenordnung mit Schottland vergleichbar ist. Mit den riesigen immer wertvoller werdenden Öl- und Gasvorkommen, die es auch in Schottland gibt, hat sich das skandinavische Land, das niemals dem Euro beigetreten ist, besser entwickelt als die meisten anderen EU-Staaten. Auch hat dieser Währungsseparatismus dem Handel mit der EU nicht geschadet. Warum sollte es dann bei Schottland anders sein? Zudem weisen diese Wirtschaftsexperten darauf hin, daß England, Wales und Nordirland derzeit jährlich Waren im Wert von 45 Milliarden Pfund nach Schottland exportieren und auch in Zukunft nicht darauf verzichten würden. Sie würden sich damit nur selbst schaden. Eine eigene Währung würde Schottland nach Ansicht dieser Ökonomen nur Vorteile bringen.

Dies sieht Osborne natürlich anders. In einer Ende April veröffentlichten Analyse des britischen Schatzamtes heißt es, daß eine Währungsunion mit dem britischen Pfund nach wie vor die beste Lösung für Schottland sei – allerdings müßte es dann die Führungsrolle des nach wie vor weit größeren Restgroßbritannien akzeptieren und dessen Regierung weitgehende Kontroll- und Weisungsmöglichkeiten überlassen. Schließlich trage Schottland nur zehn Prozent zur gemeinsamen Wirtschaftsleistung bei. Auch werde Großbritannien sicher nicht in zeitaufwendige Verhandlungen treten und Kompromisse machen.

Damit sind natürlich die Befürworter einer Unabhängigkeit nicht einverstanden, würde das doch in ihren Augen lediglich zu einer Scheinunabhängigkeit führen und Schottland weiterhin unter der Kontrolle Londons bleiben. Diese Ängste sind auch berechtigt, denn Osborne sagte deutlich: „Natürlich kann Schottland das Pfund weiter nutzen, wie Panama den US-Dollar nutzt; aber es hätte dann absolut keine Kontrolle über die Währung und die Rahmenpolitik.“

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