© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/13 / 17. Mai 2013

Die Reihen lichten sich
Burschentag: Während sich die Burschenschafter auf ihr Verbandstreffen vorbereiten, hat der interne Streit ein politisches Opfer gefordert
Christian Vollradt

Die Reihen werden lichter sein, wenn sich am Donnerstag nach Pfingsten die Deutsche Burschenschaft (DB) in Eisenach zu ihrem jährlichen Burschentag, dem höchsten beschlußfassenden Gremium, treffen wird. 2012 war der interne Richtungsstreit im studentischen Dachverband (wieder einmal) eskaliert (JF 24/12). Der Burschentag mußte im November in Stuttgart „außerordentlich“ fortgesetzt werden, weil die gegensätzlichen Positionen der als rechts apostrophierten Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) sowie der eher liberalen beziehungsweise liberalkonservativen Bünde immer weiter auseinanderdrifteten (JF 23/12). Zwar konnte mancher Konflikt – insbesondere in personeller Hinsicht – in Stuttgart entschärft werden (JF 49/12), doch eine wachsende Zahl von Mitgliedsbünden sah für sich in dem traditionsreichen Verband mittlerweile keine Zukunft mehr.

Seit vergangenem Jahr sind allein 25 aktive Bünde mit ihren Altherrenschaften aus der DB ausgetreten, in mehreren weiteren stehen entsprechende Abstimmungen noch an – freilich mit ungewissem Ausgang. Zu denen, die ausgetreten sind, zählen einige sehr mitgliederstarke Bünde. Mit ihrem Austritt wird sich auch die finanzielle Ausstattung des Verbands verschlechtern, da die Beiträge der Bünde nach ihrem Mitgliederstand berechnet werden. Doch auch die Burschenschaftliche Gemeinschaft hatte in jüngster Zeit Abgänge zu verzeichnen: Sieben Burschenschaften haben den „rechten“ Zusammenschluß verlassen, darunter als einziger österreichischer Bund die Wiener Akademische Burschenschaft der Oberösterreicher Germanen; sie hatte zuvor sogar die Auflösung der BG angeregt, um so die Konfrontation innerhalb des Verbandes zu entschärfen.

Ungeachtet dessen gibt es weiterhin Bestrebungen, einen neuen burschenschaftlichen Dachverband zu gründen. Maßgeblich sind dabei die Gespräche zwischen einem „Lenkungsausschuß“ der Initiative Burschenschaftliche Zukunft (IBZ) sowie der Jenaischen Urburschenschaft. In der IBZ haben sich aktuell 26 Burschenschaften zusammengeschlossen, von denen 15 aus der DB ausgetreten und 11 Mitglied der DB sind. Wie es aus Kreisen der IBZ hieß, ist eine Mehrheit an der Gründung eines neuen Verbandes interessiert, noch im Mai werde man dazu ein weiteres Treffen abhalten. Auf ein gezieltes Abwerben aus der DB will die IBZ jedoch verzichten, angesprochen seien nur verbandslose Burschenschaften.

Beim Burschentag werden inhaltliche Aufreger in diesem Jahr nicht erwartet. „Wir können davon ausgehen, daß es kaum interne Querelen geben wird“, äußerte sich DB-Pressesprecher Walter Tributsch auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT optimistisch. Grund dafür sei, daß nun die „verbleibenden Bünde enger zusammengerückt“ seien.

Auf dem Programm steht unter anderem eine Debatte sowie ein Antrag zum Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Denn als Stimme der Jugend in Europa, so heißt es darin, müsse die Burschenschaft antreten und die Verantwortlichen zur Lösung dieses „schwerwiegenden, die europäische Zukunft bedrohenden Problems“ drängen. Sprecher Tributsch stellt aber auch klar: „Natürlich war die strategische Überlegung, dieses Thema in den Vordergrund zu stellen, auch eine innengerichtete. Die Deutsche Burschenschaft kann nach außen hin nur erstarken, wenn sie Ziele verfolgt, die jeder Mitgliedsbund mittragen kann und auch mit vollem Herzen mittragen will.“

Unterdessen haben die Auseinandersetzungen um die Deutsche Burschenschaft ein erstes politisches Opfer gefordert. Am Dienstag wurde bekannt, daß Berlins Sozialsenator Mario Czaja (CDU) seinen Staatssekretär Michael Büge (ebenfalls CDU) zum 30. Juni entlassen werde. Grund dafür sei Büges Mitgliedschaft in der Berliner Burschenschaft Gothia, die der DB angehört (und Anfang dieses Jahres aus der BG ausgetreten war). Der Politiker, dem keinerlei Verfehlungen im Amt oder politisch bedenkliche Aussagen vorgeworfen wurden, war nach einer gegen ihn gerichteten Kampagne vor die Wahl gestellt worden, entweder aus der Gothia auszutreten oder aber sein Amt zu verlieren.

Büge, der innerhalb seines Bundes zu den Befürwortern eines Austritts aus der DB gehört, hat in einer Mitteilung klargestellt, daß er eher seine politische Karriere als seine Überzeugung oder die Mitgliedschaft in einem Lebensbund preisgeben werde: „Ich werde mein Rückgrat nicht brechen lassen. Ich lasse mir nicht vorschreiben, wo ich Mitglied bin.“

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