© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/13 / 10. Mai 2013

Lockerungsübungen
Gängelei der Familien
Karl Heinzen

Von den 187 Abgeordneten des Bayerischen Landtages haben 17 auch in dieser Legislaturperiode Kinder oder Ehepartner auf Kosten des Freistaates zur Unterstützung ihrer parlamentarischen Arbeit beschäftigt. Damit bewegten sie sich im Rahmen des geltenden Rechts, da den Volksvertretern zwar die Neuanstellung von nahen Verwandten seit dem Jahr 2000 verwehrt ist, die Fortgeltung zuvor geschlossener Verträge jedoch zulässig blieb. In der Vergangenheit haben auch Abgeordnete der SPD und der Grünen von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht. Da sie unterdessen nur noch von solchen der CSU in Anspruch genommen wird und im Herbst Wahlen anstehen, ist diese Praxis nun zur Affäre deklariert worden.

Ein Beschäftigungsverbot für Verwandte ist in brüsker Weise familienfeindlich.

Skandalös sind jedoch nicht Abgeordnete, die sich an die Gesetze halten, sondern Gesetze, die ihnen in der Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben die Handlungsspielräume einengen. Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit wurden sie in den vergangenen Jahrzehnten der Freiheit beraubt, ohne Einschränkungen selbst zu bestimmen, wen sie für ihren im internationalen Vergleich per se nicht gerade üppig ausgestatteten Apparat einstellen dürfen. So gilt in Nordrhein-Westfalen sogar ein sogenanntes „Über-Kreuz-Verbot“: Abgeordnete dürfen nicht Angehörige anderer Abgeordneter beschäftigen. In Niedersachsen erstreckt sich die Diskriminierung bis hin zu Verwandten vierten Grades.

Zwar ist zu konstatieren, daß diese Gesetze von den Parlamentariern höchstselbst beschlossen wurden. Die Bürger können es jedoch nicht hinnehmen, daß Abgeordnete von heute ihre Nachfolger von morgen binden und damit möglicherweise daran hindern, dem Volkswillen Geltung zu verschaffen. Ein Beschäftigungsverbot für Verwandte stellt die Parlamentarier zudem unter einen generellen Korruptionsverdacht und unterminiert so das Vertrauen in die Institutionen unseres Gemeinwesens.

Es ist darüber hinaus in brüsker Weise familienfeindlich und vernachlässigt zugleich, daß heute neue Formen des Zusammenlebens maßgeblich geworden sind. Zu befürchten ist daher, daß die Auflagen für Abgeordnete eher noch strikter werden. Womöglich werden sie bald auch keine Freunde, Bekannte, Angehörigen der eigenen Partei oder überhaupt Menschen, denen sie vertrauen und die sie für zuverlässig halten, beschäftigen dürfen.

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