© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/13 / 26. April 2013

Alexander Kissler. Der rührige Meinungsjournalist ist ein echter Geheimtip
Kisslers Konter
Paul Leonhard

Mit seinem Ausruf „Konter!“ hat sich Alexander Kissler in den Medien einen Namen gemacht. Zu hören ist der als Experte für Medienrezeption und Medienethik geltende 43jährige allerdings nicht, dafür zu lesen. Und das reichlich, Tag für Tag. Als Tagebuch, Twitter, Blog und in etlichen Sachbüchern. Davon erreichte „Dummgeglotzt. Wie das Fernsehen uns verblödet“ (JF 29/10) wohl die meiste Aufmerksamkeit. Nun hat er jüngst mit „Papst im Widerspruch. Benedikt XVI. und seine Kirche“ die erste vollständige Geschichte des Pontifikats Josef Ratzingers bis 2013 vorgelegt.

Seine Wortkraft reichte aus, ihm vor 14 Jahren die Türen zum Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und später dem der Süddeutschen Zeitung zu öffnen. Es folgte eine Zeit als Redakteur im Debattenressort von Focus, wo er anderthalb Jahre, bis April 2012, aushielt. Seit Januar ist er nun Leiter des Kulturressorts der Zeitschrift Cicero.

Kisslers Sache ist nicht die Recherche, seine Stärke ist die Debatte oder, genauer, der Widerspruch. Und da holt er schon mal den Knüppel raus, wenn ihn etwas ärgert. Im vergangenen Jahr haben diesen etwa Absolventen der katholischen Journalistenschule ifp in München zu spüren bekommen, als sie aus Sicht Kisslers zu neutral über das Thema Swingerclub schrieben. Diese Art Journalismus sei eine Anbiederung an die Welt, Ästhetik statt Ethik, schimpfte der aus Speyer stammende Literatur- und Medienwissenschaftler in seiner Kolumne des Online-Debattenmagazins The European.

Aus Sicht Kisslers müssen Journalisten Partei ergreifen, sich mit ihrem Thema auseinandersetzen und ihren Standpunkt darstellen. „Ein Journalist braucht selbst eine Haltung“, sagte er Christ und Welt. Es reiche nicht aus, die Welt „einfach ungefiltert abzubilden“. Mit dieser Einstellung schaffte es Kissler zuletzt auch als Gast in diverse Fernseh-Talkshows.

Mit seinen Texten hat er auch schon mal Debatten angeschoben. Nach einem Bericht in der Süddeutschen wurde er im Dezember 2008 als „erzkatholischer Antiwaldorfstreiter“ angegriffen, ihm vorgeworfen, den Lesern durch „gezieltes Verschweigen“ von Informationen zu suggerieren, Waldorfschüler seien „gewalttätiger als Schüler anderer Schulformen“. Der Fall ist bezeichnend. Denn wer Kissler vorwirft, es mit seiner journalistischen Sorgfaltspflicht nicht so genau zu nehmen, hat ihn nicht verstanden. Der Mann wird von seinem Debattenbedürfnis geleitet und das ist immer gegen den Strom gerichtet. Nicht umsonst heißt es auf seiner Internetseite: „Die Welt ist zu groß, als daß man sie unbesprochen lassen könnte.“ Verständlich und dabei doch mit Tiefgang will er dazu beitragen, die Unübersichtlichkeit unserer Gegenwart ein wenig zu ordnen.

Wer ihm dabei folgen möchte, der kann das unter cicero.de oder unter alexander-kissler.de tun. Es lohnt sich!

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen