© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/13 / 19. April 2013

Blattkritik
Medienanalyse: Ein lehrreiches Buch über Skandale, die keine sind, und linken Kampagnenjournalismus
Christian Dorn

Die Krise der Printmedien geht einher mit der Forderung nach mehr „Qualitätsjournalismus“. Die meinungsbildenden Konzerne behaupten natürlich, diesen zu liefern. Doch nichts ist fragwürdiger als eben diese Selbsteinschätzung. Deutlich wird dies in der Philippika „Blattkritik“ von Anton Hunger. Der ehemalige  Kommunikationschef von Porsche zeigt in seinem Bericht vor allem das „Elend der Journaille“ auf.

Im Sinne medialer Aufklärung ist besonders das Kapitel über die Ölplattform Brent Spar der Unternehmen Shell und Exxon lehrreich. Es zeigt, wie die deutsche Medienlandschaft – erstaunlicherweise mit Ausnahme der taz  – sich komplett als Propagandawerkzeug von Greenpeace einspannen ließ. Die angebliche „Umweltschweinerei“, nämlich die Versenkung der Plattform, wurde von Greenpeace inszeniert. Bei diesem „Skandal“, der gar keiner war, waren deutschen Medien verläßliche Partner im Sinne hysterischer Horroszenarien.

Bezeichnenderweise wurde britischen Journalisten der Zutritt auf das Greenpeace-Kampagneschiff verweigert. Nicht verwunderlich, hatten doch nach einem langjährigen Genehmigungsverfahren und Anhörungen selbst die britischen Umweltorganisationen der Versenkung zugestimmt als der umweltfreundlichsten und für die Arbeiter risikolosesten Lösung.

Die von Greenpeace unterstellten 5.500 Tonnen Restöl enpuppten sich schließlich als 330 Tonnen. Bedenkenswert beim Blick auf Kamgagnenjournalismus ist das Fazit des von Hunger zitierten Soziologen Niklas Luhmann, dem zufolge die oftmals als Gewähr zitierte „öffentliche Meinung“ überhaupt nicht existiere. Ein weiteres, immanentes Problem des Journalismus, so Hunger, ist die vermeintliche „Unmöglichkeit des Nichtereignisses“. Dementsprechend hätte es die Berichte über BSE und Rinderwahnsinn gar nicht gegeben, wäre dies in den Tagen des Mauerfalls aufgetreten.

Anton Hunger: Blattkritik. Edition Hubert Klöpfer im Klöpfer & Meyer Verlag, 2013, gebunden, 248 Seiten, 19,50 Euro

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